Mädchen beklagt Zwangsheirat: Video bewegt Millionen
Berlin/Istanbul (dpa) - Das Mädchen spricht mit aufgeregter Stimme, auf Arabisch berichtet die Kleine in einem Videoclip von ihrer Flucht vor einer Zwangsheirat.
Das Video landete auf der Internetplattform Youtube und wurde innerhalb weniger Tage mehr als sechseinhalb Millionen Mal geklickt. Das Mädchen berichtet darin, es sei wegen einer drohenden Verheiratung von seiner Familie weggelaufen und wolle jetzt bei seinem Onkel leben.
Im Titel des Videos heißt es, das Kind sei elf Jahre alt und stamme aus dem Jemen. Woher die Aufnahme kam und wie alt sie ist, blieb zunächst unklar. Auch der Wahrheitsgehalt konnte nicht überprüft werden.
„Was haben die Kinder falschgemacht? Warum verheiratet ihr sie einfach so?“, fragt das Mädchen in dem Video. Es habe seine Mutter bei der Polizei angezeigt und würde den Tod der Zwangsheirat vorziehen: „Ich würde lieber sterben.“
Die libanesische Webseite „Now Lebanon News“ zitierte nach eigenen Angaben den Onkel des Mädchens, der sagte, ihn habe Panik ergriffen, als er von den Plänen der Eltern gehört habe. „Ich konnte nicht erlauben, dass sie verheiratet und ihre Zukunft zerstört wird.“ Nach Angaben von „Now Lebanon News“ arbeitet der Onkel als Techniker bei einem Fernsehsender. Der libanesische Sender „Al Majadin“ zitierte den Vater, der demnach inzwischen zugesagt haben soll, seine Tochter nicht vor ihrem 17. Geburtstag zu verheiraten.
Hochgeladen und mit englischen Untertiteln versehen wurde der knapp drei Minuten lange Film von einer Organisation namens Memri (Middle East Media Research Institut). Die Übersetzung des Videos aus dem Arabischen ist zwar korrekt. Kritiker werfen dem Institut aber vor, die arabische Welt mit selektiven Übersetzungen von besonders krassen Zitaten oder Texten in ein schlechtes Licht rücken zu wollen.
Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter meldeten sich viele Nutzer zu Wort und prangerten Zwangsheiraten an. In arabischen Ländern verursachte das Video zunächst weder Debatten im Internet noch eine breite Berichterstattung in den Medien.
Das Kinderhilfswerk Unicef wollte das Video, das bis Mittwochabend mehr als sechseinhalb Millionen Mal angeklickt worden war, nicht kommentieren. Unicef forderte aber weltweit ein gesetzliches Mindestheiratsalter von 18 Jahren. Das könne helfen, Zwangsehen von Kindern zu verhindern, sagte die Pressesprecherin von Unicef Deutschland, Ninja Charbonneau, der Nachrichtenagentur dpa.
„Es gibt viel zu viele Mädchen, die viel zu früh verheiratet und damit ihrer Kindheit beraubt werden und deren weiterer Lebensweg damit auch schon in sehr, sehr jungem Alter geprägt ist“, fügte Charbonneau hinzu.
Weltweit hat nach Unicef-Angaben jede dritte verheiratete Frau zwischen 20 und 24 Jahren vor ihrem 18. Lebensjahr geheiratet. Das entspreche 70 Millionen Menschen. Die Daten beziehen sich auf das Jahr 2006. Je jünger die Kinder seien, desto seltener geschehe die Hochzeit auf deren eigenen Wunsch, sagte Charbonneau.