Drogenbeauftragte warnt Mortler: Spielewirtschaft muss Suchtgefahr ernstnehmen
Köln (dpa) - Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), hat der Computerspielebranche vorgeworfen, zu wenig für den Schutz Jugendlicher vor Spielsucht zu tun.
Mit Blick auf die Computer- und Videospielmesse Gamescom in Köln sagte Mortler der Deutschen Presse-Agentur, sie habe die Spielewirtschaft schon vor einem Jahr auf „die suchtfördernden Elemente von Spielen“ aufmerksam gemacht. Doch „die Resonanz in der Branche ist leider ziemlich enttäuschend und Gegenvorschläge gab es auch nicht. Ich kann daraus nur schließen, dass die Branche kein sonderliches Interesse hat, besser vor Suchtgefahren zu schützen“, sagte Mortler.
Die Computerspielmesse Gamescom ging am Samstag in Köln mit einem Besucherrekord zu Ende. Mehr als 350 000 Besucher aus 106 Ländern strömten seit Dienstag zum weltweit größten Event für Computer- und Videospiele an den Rhein, wie die Koelnmesse am letzten Veranstaltungstag bilanzierte. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte die Messe eröffnet und dabei die wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung digitaler Spiele hervorgehoben. Sie seien „Kulturgut, Innovationsmotor und Wirtschaftsfaktor von allergrößter Bedeutung“, sagte die Kanzlerin. Die Branche bezeichnete sie als „starken Pfeiler der deutschen Wirtschaft“.
„Das war ein Ritterschlag für die Gamescom und die ganze Branche“, sagte der Geschäftsführer des Branchenverbands BIU, Felix Falk. „Und das wurde auch in der Branche wahrgenommen.“ Die Würdigung von „allerhöchster Ebene“ habe auch weltweit die Wahrnehmung der Messe gestärkt. Über 150 Politiker aller großen Parteien haben in diesem Jahr die Messe besucht - ein Novum. Viele verstünden erst vor Ort überhaupt die Dimension der Games-Kultur, sagte Falk. Mit rund 350 000 Besuchern hat sie mehr Zulauf als die IFA in Berlin, auch deutlich mehr als die CeBIT in Hannover.
Deutschland gehört zwar international zu den wichtigsten Märkten für digitale Spiele, aber hierzulande tatsächlich entwickelte Spiele sind rar. Merkel kündigte bei ihrem Besuch an, nach den Bundestagswahlen zusammen mit allen Akteuren neue Fördermöglichkeiten zu entwickeln.
Die Drogenbeauftragte Mortler erklärte: „Die Digitalisierung ist eine Riesenchance für unsere Gesellschaft. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass die Digitalisierung auch Folgen hat, auf die wir reagieren müssen.“ Internetabhängigkeit in ihren verschiedenen Ausprägungen sei mittlerweile unter jungen Menschen zu einer echten Herausforderung geworden. Die Drogenbeauftragte verwies auf eine Studie der gesetzlichen Krankenkasse DAK-Gesundheit vom vergangenen Jahr, wonach jeder zwölfte männliche Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 12 und 25 Jahren von Computerspielen abhängig sei.