Produzieren wie die „Gorillaz“: So geht Homerecording

München (dpa/tmn) - Einst waren es der Kassettenrekorder, das Mikrofon und ein Druck auf die Aufnahmetaste, und schon konnte man seine privaten Musikaufnahmen an Freunde verschenken. Aus qualitativer Sicht waren die Mitschnitte jedoch eher bescheiden.

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Die digitale Technik erlaubt es inzwischen, ohne großen Aufwand Homerecording mit deutlich höheren Ansprüchen zu betreiben. „Um eigene Musik aufzunehmen, nutzt man in der Regel PC oder Laptop, an die man ein Audiointerface anschließt“, erklärt Ulrich Tausend, Referent am JFF-Institut für Medienpädagogik in München. Für den Computer muss man etwa 500 Euro einplanen, ein Audiointerface gibt es ab 100 Euro.

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„Externe Audiointerfaces verfügen über spezielle XLR-Mikrofonanschlüsse, an die man professionelle Mikros anschließen und mit Strom versorgen kann“, betont der Münchner Musikproduzent Nikolaus Graf. Außerdem böten diese die Möglichkeit, direkt verzögerungsfrei in die Aufnahme hineinzuhören. Je nach Einsatzzweck unterscheidet man verschiedene Mikrofon-Typen. Dynamische Mikrofone sind in erster Linie für laute Stimmen oder Instrumente gedacht. „Kondensator-Mikrofone eignen sich eher für die Aufnahme leiser Quellen“, so Graf. „Bei der Mikrofonwahl sollte man sich unbedingt beraten lassen.“ Er rät zum Ausprobieren vor dem Kauf, da Klangcharakteristik auch Geschmackssache sei. Preislich reiche die Spanne bei guten Mikrofonen von 80 bis 400 Euro.

Gesang wird normalerweise mit nur einem Mikro aufgenommen, bei Gitarren kommen teilweise zwei zum Einsatz. Deutlich mehr Aufwand muss man für ambitionierte Schlagzeug-Aufnahmen einkalkulieren. „Dafür gibt es Mikrofonsets, die speziell für die unterschiedlichen Trommeln gedacht sind“, erklärt Graf. „Bei elektronischen Instrumenten wie Keyboards und Synthesizer verzichtet man in der Regel auf Mikrofone und nimmt sie direkt über eine Kabelverbindung mit dem Interface auf.“

Neben der Hardware ist im heimischen Tonstudio auch eine Software für ansprechende Aufnahmen erforderlich. „Heute wird eine Vielzahl sehr guter Aufnahme-Programme angeboten“, sagt Thomas Becker, Tontechniker aus Burgebrach bei Bamberg. „Steinberg Cubase 8.5, Presonus Studio One, Ableton Live und Avid Pro Tools sind die gängigsten.“ Für welches man sich entscheidet, sei oft Geschmackssache. Deshalb lohne es sich, vor der Anschaffung einen Blick auf die meist kostenlosen Demo-Versionen zu werfen, um sich einen Eindruck von der grafischen Oberfläche und der Menüstruktur zu verschaffen, rät Becker.

Der reine Leistungsumfang sei mittlerweile oftmals vergleichbar, auch wenn jede Software ihre Besonderheiten besitze. Zwischen 200 und 500 Euro muss man Ulrich Tausend zufolge für ein professionelles Programm ausgeben. Beim Kauf eines Audiointerfaces seien aber oft schon abgespeckte Versionen mit dabei. Für die Aufnahmen genügt im Normalfall eine Auflösung von 24 Bit mit einer Abtastrate von 44,1 Kilohertz (kHz). Das Aufnahmeformat sollte nicht komprimiert sein, damit es später besser bearbeitet werden kann.

Wer Investitionen scheut, aber trotzdem erste Erfahrungen mit Homerecording sammeln möchte, kann dazu auch sein Tablet oder sein Smartphone verwenden. Ulrich Tausend verweist auf die Band „Gorillaz“, die schon 2010 auf einer Tour ein Album komplett mit einem iPad aufgenommen hat. „Für Apple-Geräte gibt es erheblich mehr und bessere Audio-Apps“, sagt der medienpädagogische Referent. „Zudem haben die meisten Android-Geräte eine starke Verzögerung und kommen mit Echtzeitaufnahmen nicht gut zurecht.“

Damit Aufnahmen zu Hause realistisch umgesetzt werden können, ist ein leiser Raum erforderlich, der möglichst wenig hallt. „Gute Ergebnisse kann man hier mit Decken und Vorhängen erzielen, hilfreich sind auch Mikrofon-Absorber“, erklärt Musikproduzent Graf. „Insgesamt versucht man, Reflexionen, Echos und Nebengeräusche zu verhindern, um für jede Spur eine möglichst „trockene“ Aufnahme zu bekommen, die man anschließend in der Software bearbeiten, mischen und mit Effekten versehen kann.“ Für optimale Resultate im Homestudio sollte man die Spuren nacheinander und mit Kopfhörern aufnehmen. Das Metronom der Aufnahmesoftware helfe dabei, im Takt zu bleiben.