Prozess um Internet-Abzocke in Hamburg
Hamburg (dpa) - Sie haben im Internet nach Gratis-Software gesucht - und tappten in eine Kostenfalle. Rund 70 000 Internet-Nutzer sind von einer achtköpfigen Bande um mehr als 5,3 Millionen Euro gebracht worden.
Von Montag an wird den sieben Männern und einer Frau wegen banden- und gewerbsmäßigen Betrugs vor der Wirtschaftskammer des Hamburger Landgerichts der Prozess gemacht. Der Trick: Mit diversen Scheinfirmen sollen sie sogenannte Downloadportale im Internet betrieben haben. Eigentlich kann dort Software kostenlos heruntergeladen werden - doch die Bande soll mehrere hunderttausend Menschen auf ihre eigenen Internetangebote gelenkt haben.
Auf den Anmeldeseiten mussten die Nutzer ihre persönlichen Daten eingeben. Hier gab es laut Anklage keinerlei Hinweise darauf, dass der spätere Download etwas kostet. Nach der Registrierung wurde dann eine Bestätigungs-E-Mail über einen zwölfmonatigen Abo-Vertrag verschickt. In dieser Mail wurde wiederum auf eine Webseite verlinkt, auf der sich die Kunden angeblich angemeldet hatten - und auf der die Kosten tatsächlich standen. Weigerten sich die Nutzer zu zahlen, sollte nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ein Hamburger Rechtsanwalt mit Mahnschreiben das Geld eintreiben. Ihm wird nun ebenfalls in der Hansestadt der Prozess gemacht.
„Uns ist es erstmals gelungen, die komplizierten Strukturen hinter diesen Abofallen aufzuhellen“, sagte Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers der Nachrichtenagentur dpa. Jeden Monat fallen nach früheren Angaben des Dachverbandes der Verbraucherzentralen rund 20 000 Internet-Nutzer auf betrügerische Angebote im Netz herein - eine wohl eher vorsichtige Schätzung, sagte der Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Günter Hörmann. Das System der Internet-Abzocker auffliegen zu lassen, sei aber „eine Sisyphusarbeit, sowohl strafrechtlich wie auch zivilrechtlich“. Deshalb stehe, wer sich mit Hilfe der Gerichte gegen Abofallen und Betrug im Internet zur Wehr setzen wolle, häufig auf verlorenem Posten. „Die Hintermänner sitzen oft im Ausland oder sie wechseln ihre Firmennamen wie die Hemden“, sagte Hörmann.
Das aktuelle Verfahren in der Hansestadt dürfte somit seiner Einschätzung nach der erste Prozess in dieser Größenordnung in Deutschland sein. Für den Prozess wurden zunächst 20 Verhandlungstage festgelegt. Ein Urteil wird nicht vor Ende Januar 2012 erwartet.