Direkter Draht zu Autobauern Samsung will mit Harman-Kauf ins Geschäft mit Autoelektronik
Seoul/Stamford (dpa) - Samsung drängt mit dem Kauf des Elektronik-Konzerns Harman massiv ins Autogeschäft. Der südkoreanische Smartphone-Marktführer einigte sich auf den Kauf der US-Firma für insgesamt rund acht Milliarden Dollar.
Harman macht rund zwei Drittel seines Geschäfts mit Autoelektronik und rüstet unter anderem auch Fahrzeuge deutscher Hersteller mit Unterhaltungsanlagen aus.
Zugleich arbeitet der Konzern an der Vernetzung von Autos und Sicherheitssystemen. So zeigte Harman auf der vergangenen Elektronik-Messe CES zum Beispiel eine Kamera-Anlage, die das Stress-Niveau des Fahrers erkennt. Der Zulieferer arbeitet mit 36 Marken zusammen, aktuell seien rund 30 Millionen Fahrzeuge mit Technik von Harman auf den Straßen. „Das wird die Industrie durchrütteln“, andere Zulieferer kämen stärker unter Druck, sagte Harman-Chef Dinesh Paliwal zu dem Deal in einer Telefonkonferenz.
Mit dem Harman-Kauf bekommt Samsung eine enge direkte Verbindung zu führenden Autobauern und einen Einblick in deren Zukunftsvisionen und die Wünsche der Verbraucher. Damit könnte der Wettstreit um die Schlüsselposition bei der Bedienung von Elektronik im Auto noch einmal spannender werden. Die Autohersteller setzen auf eigene Lösungen, während Apple und Google mit den Plattformen Carplay und Android Auto iPhones und Smartphones mit dem Android-System in den Mittelpunkt rücken.
Auch gibt es schon seit mehr als einem Jahr Berichte, Apple wolle ein eigenes Auto bauen oder zumindest Software für selbstfahrende Fahrzeuge entwickeln. „Samsung wird nicht selbst zum Autohersteller“, versicherte der Strategiechef der Südkoreaner, Young Sohn.
Insgesamt hatte Harman zum Stichtag Ende Juni Aufträge aus der Autobranche für 24 Milliarden Dollar in den Büchern. Samsung bekomme mit der Übernahme auf einen Schlag eine kritische Größe in dem Geschäft, sagte Young Sohn. Samsung habe sich den Automarkt schon einige Zeit angeschaut und entschieden, dass eine Übernahme nötig sei, auch wegen der unterschiedlich langen Produktzyklen in den beiden Branchen und kontakten zu Herstellern. Man wolle ins Harman-Geschäft auch Samsungs Expertise bei Halbleitern und Display-Technik einbringen. „Es gibt kaum Überschneidungen“, betonte Paliwal.
„Ich möchte allen Mitarbeitern versichern, dass es bei diesem Deal nicht um Einsparungen geht“, sagte der Harman-Chef. Der US-Konzern hat mit Harman Becker in Karlsbad bei Karlsruhe ein starkes Standbein in Deutschland.
Außerdem gehören zu Harman bekannte Unterhaltungselektronik-Marken wie Harman/Kardon, AKG oder JBL. Der TV-Geräte-Marktführer Samsung könnte damit seine Position im Sound-Bereich gegen Rivalen wie Sony ausbauen. Das Geschäft der beiden Firmen ergänze sich, betonte Samsungs Strategiechef.
Harman kam in den vergangenen zwölf Monaten auf einen Umsatz von rund sieben Milliarden Dollar. Der Preis von 112 Dollar pro Aktie bedeutet einen Aufschlag von 28 Prozent auf den Schlusskurs von Freitag. Harman soll als unabhängige Tochter unter dem Samsung-Konzerndach agieren, Paliwal und das Top-Management sollen an Bord bleiben. Der Deal muss noch von Aktionären und Aufsehern abgesegnet werden.