Schnüffel-Software auf US-Handys?
New York (dpa) - Ist auf Millionen Smartphones vor allem in den USA eine Software installiert, die heimlich Informationen sammelt und die Daten für Mobilfunk-Betreiber auswertet? Ein US-Sicherheitsexperte ist fest davon überzeugt und veröffentlichte als Beleg ein entsprechendes Video im Internet.
Die Firma Carrier IQ weist den Schnüffel-Vorwurf zurück. Eine Unterlassungsklage gegen den Experten ließ sie allerdings fallen. Handys in Deutschland scheinen nicht betroffen. Die Deutsche Telekom will zur Sicherheit aber sogar ihre Geschäftspartner zur Stellungnahmen auffordern.
In dem Video des Software-Spezialisten Trevor Eckhart ist unter anderem zu sehen, wie die Software von Carrier IQ Suchanfragen und gewählte Telefonnummern schon beim Eintippen aufzeichnet. Die Daten würden dann an Server von Carrier IQ weitergeleitet, ebenso wie komplette SMS-Nachrichten. Abschalten könne man die Funktion meist nicht so ohne weiteres, weil sie Teil der Betriebssoftware des Telefons sei. Eckhart demonstrierte die Funktionsweise der Software auf einem Smartphone des Herstellers HTC mit dem Google-Betriebssystem Android. Eckhart ordnete die Software als Computer-Schädling („Rootkit“) ein, der heimlich im Hintergrund den Anwender ausspioniere.
Carrier IQ, ein Dienstleister für Mobilfunk-Anbieter, betont, es würden keine Tastatureingaben aufgezeichnet, keine Überwachungs-Werkzeuge zur Verfügung gestellt und keine Inhalte von Korrespondenz wie E-Mail und SMS inspiziert. Die Technologie des Unternehmens sorge lediglich dafür, dass Netze von den Betreibern effizienter genutzt werden könnten. Dafür bekämen sie zum Beispiel Informationen über Verbindungsfehler und aktuelle Netzwerkprobleme. Genaue Angaben darüber welche Informationen dafür auf welche Weise ausgewertet werden, macht das Unternehmen nicht.
Nach Eckharts ersten Berichten über die Funktionsweise der Software überzog Carrier IQ ihn mit einer Unterlassungsklage mit dem Vorwurf, urheberrechtlich geschütztes Material unrechtmäßig genutzt zu haben. Nachdem sich die einflussreiche US-Bürgerrechtsorganisation EFF (Electronic Frontier Foundation) hinter den Experten stellte, nahm die Firma die Klage zurück.
Nach Angaben auf der Website von Carrier IQ kommt die Technologie auf mehr als 140 Millionen mobilen Geräten zum Einsatz. Unterdessen meldeten sich immer mehr Netzbetreiber und Handy-Hersteller zu Wort, die betonen, Dienste von Carrier IQ nicht zu nutzen. Darunter sind unter anderem der größte US-Mobilfunkbetreiber Verizon Wireless sowie Vodafone und die Deutsche Telekom in Deutschland.
HTC, nach Eckharts Berichten besonders unter Druck, betonte, dass man kein Kunde oder Partner von Carrier IQ sei. Einige amerikanische Mobilfunkanbieter forderten aber den Einsatz des Dienstes. In der Region EMEA (Europa, Mittlerer Osten und Afrika) würden keine HTC-Geräte mit Carrier IQ ausgeliefert. Der weltgrößte Handy-Hersteller Nokia erklärte grundsätzlich, für seine Geräte gebe es keine Produkte von Carrier IQ.
Eine Telekom-Sprecherin räumte zugleich ein, man könne als Netzbetreiber nicht abschließend sagen, „ob und in welcher Firmeware bei diversen Endgeräte-Hersteller diese Software zum Einsatz kommt“. Sollte dies der Fall sein, „werden die dort erfassten Daten nicht von der Deutschen Telekom erfasst und ausgewertet“. Da die Deutsche Telekom großen Wert auf die Information ihrer Kunden lege, werden man Kontakt mit den Geschäftspartnern aufnehmen und diese bitten, umfänglich über eingesetzte Anwendungen zu informieren.