Daddeln muss nicht teuer sein

Computer- und Videospiele sind teuer. Doch im Internet warten etliche kostenlose Titel, die von Nachwuchs- und Hobby-Entwicklern erdacht wurden.

Um es gleich vorweg zu sagen: Kostenlos bedeutet nicht, dass einem nur halbgare Spiele geboten werden. Ganz im Gegenteil. Independent-Produktionen müssen sich nicht hinter kommerziellen Produkten verstecken.

Das liegt in erster Linie daran, dass sich unabhängige Entwickler austoben wollen. Die Vorgaben, an denen sie sich dabei orientieren, kommen nicht von Seiten eines einflussreichen Geldgebers. Man verwirklicht vielmehr seine eigenen Ideen und Projekte losgelöst von wirtschaftlichem Druck. Der finnische Informatikstudent Petri Purho beispielsweise hat sich zum Ziel gesetzt, auf seinem Online-Portal Kloonigames jeden Monat ein neues Spiel zur Verfügung zu stellen - besonders viel Zeit, um seine Ideen umzusetzen, bleibt ihm also nicht.

Doch die Ergebnisse gefallen. Eines seiner Spiele, das 2D-Puzzle-Spiel "Crayon Physics", wurde in der überarbeiteten Deluxe-Version mit dem "Seumas McNally Grand Prize", dem Hauptpreis des diesjährigen Independent Games Festivals (IGF), ausgezeichnet. Das lag daran, dass man bei "Crayon Physics" nicht nur strategisch vorgehen, sondern auch kreativ handeln muss.

Die Hauptaufgabe, Sterne zu sammeln, klingt zwar simpel, tatsächlich gelingt dies jedoch nur, indem man eigens gezeichnete Objekte in Bewegung setzt. Demnach bedarf es gar nicht allzu komplizierter Problemstellungen. Vielmehr steckt der Teufel im Detail.

Das ist tatsächlich eines der wesentlichen Elemente der meisten Independent-Titel. Der Spieler wird nicht mit einem überfrachteten Spielaufbau zugedonnert, sondern die Nachwuchs- und Hobby-Entwickler besinnen sich auf das Wesentliche: Das Game soll Spaß machen. Deswegen verwundert es wenig, dass bei einem Großteil der Projekte Spiele herauskommen, die auf die Grundmuster populärer Klassiker zurückgreifen und diese abwandeln.

Besonders beliebt sind "Pong" (1972) und "Tetris" (1985). Einen der coolsten "Pong"-Ableger entwickelte der amerikanische Informatiker Stephen D. Taylor: Anstatt mit dem Paddle den Ball zum Gegner zu schießen, schießt ihn der Spieler in "Plasma Pong" mit Hilfe einer Flüssigkeit zurück. Das Prinzip von "Tetris" wird hingegen in "Blocksum" neu definiert.

Bei dem von einem japanischen Programmierteam (Shintaro Sato, Ginger und Xor) entwickelten Spiel gilt es, mit Zahlen versehene Blöcke so anzuordnen, dass sie sich auflösen. Anders als bei "Tetris" fallen die Blöcke jedoch nicht von oben herab, sondern wachsen sozusagen von unten nach oben. Weniger schwer ist es deshalb noch lange nicht.

Neben etlichen vergleichbaren Ablegern gibt es selbstverständlich auch unzählige Spiele, die eine Geschichte erzählen. Eine für das Medium bislang eher außergewöhnliche Story greifen Auriea Harvey und Michaël Samyn in "The Graveyard" auf. Es geht um eine alte Frau auf einem Friedhof. Sobald man sie auf die Bank vor der Kirche setzt, ertönt ein Lied, das ihre Lebensgeschichte erzählt.

Weder Action noch eine kunterbunte Videoclipästhetik werden einem hier geboten, so dass "Graveyard" durchaus als Gegenstück zu unserem hektischen Alltag gesehen werden kann. Es ist kein großes Spiel mit irgendwelchen Aufgaben, es ist ein lakonischer Kommentar zum Älterwerden in der modernen Industriegesellschaft, also zum Leben an sich.

Wer sich an die Netzkultur der Jahrtausendwende erinnert, wird feststellen, dass die einst so große Bewegung, Programmiercodes transparent zu machen und aufzubrechen, um somit Mods kommerzieller Spiele zu generieren, geschrumpft ist. Dieser Prozess, der in der Medienwissenschaft Konkreativität genannt wird, hat mit Spielen wie "Crayon Physics" eine neue Dimension erreicht. Alles was zählt, ist ein origineller Ansatz, der sich spielen lässt.