Gelegenheit macht Spieler: Mobile Games im Kommen
Köln (dpa/tmn) - Smartphone oder Tablet sind immer dabei, ein Game ist schnell heruntergeladen - kein Wunder, dass fast jeder irgendwann ein Spielchen auf dem treuen Wegbegleiter wagt. Die Daddelei verkürzt Warterei und Fahrzeiten oder macht einfach nur Spaß.
Bessere Displays, schnellere Prozessoren und eine Grafikleistung, die sich ständig weiterentwickelt: Auf Smartphones und Tablet-PCs laufen längst auch Spiele - und viele, die sich wahrscheinlich nie eine mobile Konsole gekauft hätten, probieren die Games für unterwegs aus. Die Branche verdient mit dem sogenannten Casual Gaming längst Geld und präsentiert ihre Ideen auf der Gamescom in Köln (17. bis 21. August).
Die Kamikaze-Vögel von „Angry Birds“, die sich vom Gelegenheitsspieler-Heer per Katapult auf ihre schweinischen Gegner schleudern lassen, sind für viele der Inbegriff eines mobilen Spiels. Aber die Bandbreite ist viel größer: Der Hamburger Entwickler Fishlabs ist zum Beispiel mit seiner grafisch anspruchsvollen Weltraum-Flugsimulation „Galaxy on Fire“ für Smartphones und Tablets erfolgreich.
Der französische Publisher Gameloft zum Beispiel hat viele Mobilderivate großer Titel im Angebot - von „Harry Potter“ über „Assassin's Creed“ bis hin zu „Driver San Francisco“ oder „Sid Meier's Civilization“.
Electronic Arts (EA) macht beim Fußballspiel „Fifa 12“ den Tablet-PC sogar zur Konsole: Man kann das iPad an den Fernseher anschließen und iPhones oder iPod-Touch-Geräte als Controller benutzen. Auch für das mobile „Need for Speed“ könnte diese Option bald kommen. „Das Gefühl des Konsolespielens kann man inzwischen ganz gut rüberbringen“, sagt Markus Schütze, Marketing Manager bei EA Mobile. Das sei auch wichtig: Denn gerade bei den bekannten Titeln gebe es eine große Erwartungshaltung, Grafik und Steuerung werden oft an den stationären Spielen gemessen.
Das größte Angebot an mobilen Games gibt es derzeit für Apple-Geräte. „iOS hat im Moment noch eine hohe Priorität“, sagt Schütze. „Bei Android hat sich aber viel getan.“ Die von EA Mobile verkauften Apps zeigten: Binnen eines Jahres habe das Google-Betriebssystem die Position der geräteunabhängigen und einst populären Programmiersprache Java eingenommen.
„Das zeigt, wie schnell sich Mobile Gaming entwickelt“, sagt Michael Schade. Im März 2009 sei „Galaxy on Fire“ als Java-Version nur ein Megabyte groß gewesen, inzwischen habe die App für iPhone und Android (jeweils 7,99 Euro) einen Umfang von 160 Megabyte. Für das iPad sei eine Full-HD-Version mit 1000 Megabyte (1 Gigabyte) Größe in Arbeit.
Für welches Betriebssystem ein Game entwickelt wurde, wird in Zukunft immer mehr in den Hintergrund treten, glaubt Schade. Denn es gibt Programme (Engines), die Spiele für andere Plattformen „übersetzen“ können, zum Beispiel von iOS auf Android oder umgekehrt. Beispiele sind die Delta Engine vom Hamburger Unternehmen MobileBits, Unity 3D von Unity Technologies aus San Francisco oder auch Abyss von Fishlabs.
Im ersten Halbjahr wurden in Deutschland 7 Millionen Spiele-Apps für Smartphones oder Tablets in Deutschland verkauft, 13 Prozent mehr als in den Vorjahresmonaten. Das geht aus Marktzahlen des Bundesverbandes Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) hervor. Im ganzen Jahr 2010 waren es 13 Millionen Apps.
Einer Umfrage des IT-Branchenverbandes Bitkom zufolge sind ein Drittel der Bundesbürger (32 Prozent) Videospieler - 29 Prozent Frauen und 34 Prozent Männer. 54 Prozent der Befragten spielen regelmäßig auf ihrem Handy.
Bei den Gamern in Deutschland sind der Bitkom zufolge Denk-, Strategie- und Managementspiele am beliebtesten - 32 Prozent der Gamer spielen sie. Die Zahlen erklären auch das digitale Revival längst totgeglaubter „analoger“ Zeitvertreibe. „Was sehr gut angenommen wird, sind die Umsetzungen klassischer Brettspiele“, sagt Schütze. EA hat zum Beispiel die Lizenzen für „Monopoly“, „Cluedo“ oder „Spiel des Lebens“. „Das sind Spiele, mit denen jeder etwas anfangen kann“, erklärt der Manager.
Auch der Berliner Entwickler Exozet hat Brettspiele für Smartphones und Tablets im Angebot - zum Beispiel den Legespiel-Klassiker „Carcassonne“, ebenso „Die Siedler von Catan“ oder „Pachee“.
Für ein mobiles Spiel zahlten die Verbraucher einer Studie der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers zufolge 2,57 Euro pro Titel im Jahr 2010. Bei EA Mobile beispielsweise reicht die Preisspanne von 79 Cent bis 7,99 Euro. Doch die Käufer sind bei mobilen Games preiskritisch: Nur für 79 Cent wird gekauft, ohne groß nachzudenken, sagt Schütze.
Praktisch bei mobilen Spielen: Sie werden direkt heruntergeladen, einen physischen Datenträger muss man nicht mehr kaufen. „Die mobilen Konsolen haben den Zug mit den digitalen Downloads verpasst“, glaubt Fishlabs-Gründer Michael Schade. Tatsächlich setzen Nintendo oder Sony erst bei ihren neuen Konsolen 3DS und Vita auf diesen Vertriebsweg.
Die mobile Spielerschar sei bunt gemischt, meint Schütze. Inzwischen hätten auch Teenager ein iPhone. „Diese Exklusivität ist in dieser Form nicht mehr da.“ Gleichzeitig entdecke die junge Elterngeneration mobile Spiele, sagt Schade. Die Kernzielgruppe von „Galaxy on Fire“ seien die 30- bis 45-Jährigen, die in den 80er- und 90er-Jahren Weltraum-PC-Games wie „Elite“ oder „Wing Commander“ gespielt haben.
„Mobile Spiele erschließen Zeitfenster, die PC oder Konsole nicht abdecken“, sagt Michael Schade. Sie ließen sich auch schon nur für eine halbe Stunde auf dem Sofa oder unterwegs spielen.
„Ein gutes Spiel muss einfach zu verstehen sein, gut zu steuern - und es muss einfach Spaß machen“, sagt Markus Schütze. „Das hört sich vielleicht nach Fast-Food-Gaming an, aber gutes Entertainment ist gutes Entertainment.“