Viel Film und wenig Spiel - „The Order: 1886“ im Test
Berlin (dpa/tmn) - Ein Film zum Mitspielen sollte „The Order: 1886“ werden. Das ist den Entwicklern von Ready at Dawn gelungen. Doch die beeindruckende Technik kann spielerische Mängel nicht ganz verdecken.
Auch die Story ist nicht so spannend, wie es zu Beginn scheint.
London im Jahr 1886: Im Armenviertel Whitechapel treibt ein Mörder namens Jack the Ripper sein Unwesen. Zeppeline schweben am Himmel. Und ein Ritterorden macht mit moderner Technik Jagd auf Werwölfe und andere Fabelwesen. Das ist die Spielwelt von Sonys „The Order: 1886“, dem ersten großen Playstation-4-Spiel des Jahres (Erscheinungsdatum: 20. Februar). Der Titel vermischt historische Fakten mit Fantasy-Elementen und fällt vor allem mit seiner filmreifen Präsentation auf.
Die Ähnlichkeit zum Kino geht so weit, dass das Bild permanent von zwei schwarzen Balken begrenzt wird - sogar in den Menüs. Was zwischen den Balken zu sehen ist, gibt aber einen Eindruck davon, was für ein Potenzial in den aktuellen Konsolen steckt. Das historische London wird eindrucksvoll zum Leben erweckt, besonders in den detailverliebt nachgebauten Innenräumen. Gesichter, Kleidung, Rauch und Feuer waren in Spielen noch nie so lebensecht animiert wie hier. Im Zusammenspiel mit der stimmungsvollen Beleuchtung und dramatischen Orchestermusik entsteht so eine dichte Atmosphäre.
Dazu kommt eine Geschichte, die zumindest vielversprechend beginnt: Als Ritter Galahad, Mitglied des namensgebenden Ordens, soll der Spieler eigentlich nur ein paar Werwölfe bekämpfen, die in den Londoner Gassen ihr Unwesen treiben. Doch schnell kommen Galahad und seine Freunde einer Verschwörung auf die Spur, die weit über die Grenzen von London hinausreicht. Das ist am Anfang sehr spannend, verliert im Spielverlauf aber leider immer mehr an Fahrt.
Das liegt auch am im Vergleich zur fortschrittlichen Technik sehr altmodischen Gameplay. Die meiste Zeit verbringt der Spieler mit Schießereien im Stil von „Gears of War“ und „Uncharted“: In Deckung gehen, gelegentlich hervorschauen, abdrücken. Dank der beeindruckenden Präsentation sind die Gefechte sehr intensiv, auf Dauer aber längst nicht so abwechslungsreich und spannend wie in den großen Vorbildern. Dafür ist Galahad schlicht zu langsam und die künstliche Intelligenz der Gegner zu niedrig.
Und auch die anderen Gameplay-Elemente überzeugen nicht: Gelegentlich kann der Spieler mit Galahad herumschleichen, was wegen der unpräzisen Steuerung aber eher für Frust als für Herzklopfen sorgt. Das gelegentliche Hüpfen und Klettern ist ebenfalls nicht besonders aufregend, genau wie gelegentliche Minispiele, etwa zum Knacken von Schlössern.
Dazu gibt es zahlreiche Actionszenen, in denen man im richtigen Moment den richtigen Knopf drücken muss. Die Szenen sind zwar oft dramatisch inszeniert, aber selten anspruchsvoll. Sehr gelungen ist dafür der fließende Übergang zwischen Filmsequenzen und Gameplay, durch den das Spielerlebnis immer wie aus einem Guss wirkt.
Nach etwa sieben Stunden ist die Geschichte von „The Order: 1886“ vorbei, weitere Herausforderungen oder einen Multiplayer-Modus gibt es nicht. Wegen einzelner brutaler Szenen und der gruseligen Atmosphäre ist die Werwolf-Jagd erst ab 18 Jahren freigegeben. Der Preis liegt bei etwa 60 Euro.