Zurück in die Steinzeit: Alte PC-Spiele auf neuen Computern
Berlin (dpa/tmn) - Der durchschnittliche Computerspieler ist jung und immer nur an den neuesten Titeln interessiert? Wie falsch solche Vorurteile sind, zeigen aktuelle Zahlen des Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU).
Das Durchschnittsalter der Computerspieler beträgt demnach 34,5 Jahre, gut ein Drittel der Zocker ist älter als 40 (34 Prozent). Logisch, dass viele von ihnen nicht erst seit gestern dabei sind. Und oft gefallen den Veteranen alte PC-Klassiker wie „Tie Fighter“, „Baldur’s Gate“ oder „Command & Conquer“ sogar besser als die aktuellen Blockbuster.
Nicht ganz zu Unrecht, findet Stephan Günzel, Professor für Game Design an der BTK Hochschule für Gestaltung in Berlin. „Ein bisschen ist da der Blick natürlich durch Nostalgie getrübt“, sagt er. Viele alte Spiele hätten aber durchaus Qualitäten, die modernen Titeln fehlen. „Die Designer waren damals technisch viel limitierter als heute und mussten sehr kreative Wege finden, ihre Geschichten zu erzählen.“ Hinzu kommt, dass manche Genres, die einst populär waren, etwa anspruchsvolle Strategiespiele oder Flugsimulatoren, heute nicht mehr oder nur noch in Nischen existieren.
Die Klassiker auf einem modernen PC zum Laufen zu bringen, ist aber oft gar nicht so leicht. Denn Spiele, die für Windows XP oder noch ältere Versionen des Betriebssystems programmiert wurden, funktionieren noch lange nicht auf Windows 7 oder 8. „Mit fast jeder Version ändert sich die Struktur des Systems grundlegend“, sagt Jörg Hähnle, der mehrere Ratgeberbücher über das Microsoft-Betriebssystem und andere Computerthemen geschrieben hat.
Das führt dazu, dass viele ältere Spiele auf neuen Systemen gar nicht erst starten. Und selbst wenn ein Titel läuft, kann es Probleme geben. „Die hohen Auflösungen von modernen Monitoren unterstützen alte Spiele natürlich oft nicht“, sagt Hähnle. Bei Online-Spielen ist die nötige Infrastruktur meist bereits abgeschaltet.
Für ungestörten Spielspaß braucht es daher meistens etwas Arbeit. Der einfachste Weg ist in vielen Fällen der Neukauf des Spiels als Download. Plattformen wie Steam oder Green Man Gaming bieten ältere Spiele oft in einer leicht überarbeiteten Version an, die auch auf älteren Rechnern läuft. Der Anbieter GOG.com hat sich sogar auf solche Klassiker spezialisiert. Und im Internet-Archiv „Archive.org“oder bei „abandonia.com“ gibt es viele alte Schätze kostenlos.
In der Regel zahlt man aber Geld für ein Spiel, das man eigentlich schon besitzt. Das muss eigentlich nicht sein: „Wenn man Probleme mit älteren Spielen hat, lohnt sich immer ein erster Blick auf die Webseite des Herstellers“, rät Hähnle. Denn manchmal gibt es dort Patches oder Updates, die Probleme beseitigen oder sogar Unterstützung für höhere Auflösungen hinzufügen. Wird man beim Hersteller nicht fündig, hilft vielleicht die Community weiter: Gerade bei populären Spielen haben Fans oft selbst sogenannte Mods programmiert, die alte Spiele fit für neue Rechner machen.
Hilft all das nichts, ist Bastelarbeit nötig. Einige Probleme lassen sich recht simpel mit Windows-Bordmitteln beseitigen. Mit dem sogenannten Kompatibilitätsmodus führt das Betriebssystem ein Programm mit den Einstellungen einer älteren Windows-Version aus. Einschalten lässt sich der Modus nach einem Rechtsklick auf das Programmsymbol unter „Eigenschaften“ und „Kompatibilität“.
Bastler können sich außerdem an Virtualisierungsprogrammen wie VMWare Player, Microsofts eigener Lösung Virtual PC oder der kostenlosen Dosbox versuchen. Damit lässt sich innerhalb des neuen Betriebssystems eine ältere Version installieren und starten. Obwohl es sich dabei um alte Software handelt, ist ein schneller Rechner oft Pflicht: „Vor allem der Arbeitsspeicher wird da stark beansprucht“, warnt Hähnle. Vier Gigabyte RAM sollte der Rechner daher mindestens haben, so der Experte.
Wem das zu viel Arbeit ist, spielt vielleicht doch lieber ganz neue Titel. Das lohnt sich selbst für Nostalgiker. Denn manche aktuellen Spiele versuchen, die Qualitäten und Genres der Klassiker wiederzubeleben: „Elite: Dangerous“ von Frontier Developments ist zum Beispiel die Sorte Weltraumsimulator, die lange ausgestorben schien. Das gerade veröffentlichte „Pillars of Eternity“ von Obsidian nimmt sich Rollenspiele wie „Baldur’s Gate“ zum Vorbild, und „Grey Goo“ (Petroglyph Games) bietet Echtzeitstrategie im Stil von „Command & Conquer“.