Teuer für Google: Wie Motorola den Kaufpreis hochtrieb
New York (dpa) - 12,5 Milliarden Dollar sind ein stolzer Kaufpreis für einen verlustreichen Handyhersteller, dessen Glanzzeiten Jahre zurückliegen. Google legt diesen Betrag für Motorola Mobility auf den Tisch.
Warum, das erklärt vielleicht eine US-Börsenmitteilung vom späten Dienstag (Ortszeit).
Hierin gibt Motorola Einblicke in die Verhandlungen. Demnach wollte Google anfänglich gute 3 Milliarden Dollar weniger zahlen. Doch Motorola feilschte erfolgreich, zumindest behauptet das Management dies. Google äußerte sich nicht dazu.
Nach Motorolas Version der Geschichte war der für Googles Mobilfunkgeschäft zuständige Manager Andrew Rubin Anfang Juli auf Motorola-Chef Sanjay Jha zugekommen, um Patent-Themen mit ihm zu diskutieren. Patente werden im Wettbewerb der Handyhersteller manchmal schon mit Atomwaffen zu Zeiten der nuklearen Abschreckung im „Kalten Krieg“ verglichen. Je mehr Patente ein Unternehmen hat, desto geringer ist die Gefahr, wegen der Verletzung von geschützten Ideen von einem Rivalen verklagt zu werden.
Motorola besitzt als Urgestein der Branche rund 17 000 Patente und 7500 Patentanträge sowie eine Entwicklungsabteilung, die immer neue Ideen produziert. Google mit seinem Smartphone-Betriebssystem Android ist dagegen ein Neuling und reichlich ungeschützt. Vor allem der iPhone-Hersteller Apple bombardiert Google-Partner wie Samsung und HTC derzeit mit Klagen. Deshalb lotete Google-Manager Rubin aus, ob Motorola nicht Patente verkaufen wolle. Doch Motorola-Chef Jha lehnte ab, denn dann stünde Motorola ja unbewaffnet da.
Laut den Schilderungen von Motorola reifte Ende Juli die Idee, dass Google doch Motorola komplett schlucken könne. Und am 1. August kam Google dann tatsächlich mit einem Angebot von 30 Dollar um die Ecke. Doch das Motorola-Management lehnte die Summe als viel zu niedrig ab und verlangte 43,50 Dollar. Google bot am 9. August 37 Dollar, Motorola verlangte 40,50 Dollar. Noch am gleichen Tage erhöhte Google auf 40 Dollar - und das Feilschen wie auf dem Basar hatte ein Ende. Der Verwaltungsrat von Motorola willigte ein.
Doch warum ließt sich Google auf diese Feilscherei ein, wo doch schon das erste Angebot über dem Börsenkurs lag und auch kein rivalisierender Bieter auszumachen war? Der deutsche Patentexperte Florian Müller glaubt, die Antwort zu kennen: Hätte Google nicht zugeschlagen, so schreibt er in seinem Blog „Foss Patents“, hätte die Gefahr bestanden, dass Motorola das Android-Betriebssystem schwer beschädigt. Das nun veröffentlichte Dokument bestärkt ihn nach seinen Worten noch in dieser These.
Android wird von einer ganzen Reihe von Handyherstellern verwendet, Motorola zählt zu den bedeutendsten. Müller ist der Auffassung, dass Motorola zu Microsoft und deren Windows Phone hätte umschwenken können. Zum hätte Motorola den Frieden innerhalb der Android-Gemeinde brechen und andere Nutzer mit Patentklagen überziehen können, um deren Geräte teurer zu machen. Bei der Übernahme sei es also weniger darum gegangen, Android nach Außen hin abzusichern. „Die 12,5 Milliarden Dollar sind sozusagen ein Schutzgeld, aber anders als die meisten Leute denken.“
Google will die Übernahme von Motorola Mobility bis spätestens Anfang 2012 über die Bühne bringen. Bis dahin müssen noch die Wettbewerbshüter und die Motorola-Aktionäre zustimmen. Die Schwestergesellschaft Motorola Solutions, die Barcode-Scanner, Sicherheitssysteme oder Funkgeräte herstellt, bleibt jedoch eigenständig. Der Motorola-Konzern hatte sich Anfang 2011 aufgespalten.