Alvin Ailey: Gute Show für laue Nächte
In der Kölner Philharmonie gastiert das American Dance Theater und präsentiert sich im Sommerprogramm leicht verdaulich.
Köln. Ärgern sollte sich die Düsseldorfer Oper. In den Ferien wird im Musiktheater der Landeshauptstadt geschraubt, gespachtelt und gestrichen. Das Ergebnis: Keine Gastspiele in der spielfreien Zeit. In der Kölner Philharmonie hingegen zeigt das Sommerfestival inzwischen zum 27. Mal, wie man mit gut gemachten Shows auch während der Konzertpause das Haus füllt. Vor allem mit Zuschauern, die sonst nicht gerade zum Stammpublikum zählen. Was ihnen noch bis zum 17. August geboten wird, kann sich sehen lassen.
Hier geht es vor allem um gut gemachte Show und kurzweilige Unterhaltung. Der Anspruch, mit dieser Art von Kunst zu berühren, zu fordern oder auch zu verstören, spielt nur eine Nebenrolle. Das muss man wissen, wenn man sich dem nicht gerade kostengünstigen Vergnügen hingibt. Das Alvin Ailey American Dance Theater ist eine von vier internationalen Produktionen in diesem Jahr. Noch bis zum 27. Juli präsentiert die US-amerikanische Company mit verschiedenen Programmen großes technisches Können und Choreografien, in denen das Erbe ihres Gründers in unterschiedlichen Erscheinungen anklingt.
Ailey hatte bei der Gründung 1958 die Vision, den Modern Dance mit der afroamerikanischen Kultur zu verbinden, sie auf diese Weise auch zu bewahren. Noch heute lassen Bewegungen Assoziationen von Sklaverei, Südstaaten-Plantagen und Bürgerrechtsbewegung aufziehen. Und kritisch gesagt: Spurlos an einem vorüberziehen. Es ist ein Bogen, den die zehn zum allergrößten Teil afroamerikanischen Tänzer und Tänzerinnen an diesem Abend spannen. Sie brauchen kein Bühnenbild, das Licht legt ihnen einen roten Teppich aus, auf dem sie sich wie auf einem Laufsteg inszenieren.
„Grace“ ist der Titel des ersten Stücks, das mit Musik von Duke Ellington stimmungsvoll beginnt, um dann durch treibende House-Beats an Tempo zu gewinnen und schließlich mit Afropop-Sounds wieder zum Ursprung zu gelangen. Die Männer und Frauen treten im schnellen Wechsel auf und ab, tanzen kurz zu zweit, um bald wieder in den Rhythmus der Gruppe einzusteigen. In schönen Bildern aufgestellt zeigen sie ihre trainierten Körper. Die Kleider sind rot und weiß, sie wechseln die Outfits in Windeseile, immer wieder ergibt sich ein neuer optischer Eindruck.
Mit quietschenden Turnschuhen und cooler Straßenkleidung zeigen sie nach der Pause in einer Deutschlandpremiere das Stück „Home“. HipHop und Streetdance ist angesagt, es geht um die Gruppe und den Einzelnen, Gemeinschaft und Isolation. Den tiefsten Eindruck hinterlässt der Tänzer Samuel Lee Roberts mit seinem anschließenden Solo „In/Side“, in dem er zu Nina Simones „Wild ist the Wind“ sich am Boden grotesk überstreckt, um sich dann in die Freiheit aufzuschwingen.
Zwischen dieser zeitgenössischen Choreografie von 2008 und dem großen Ailey-Klassiker „Revelations“ von 1960 liegen Welten. Und doch reißt es die Zuschauer noch immer von ihren Plätzen, wenn die vorwiegend schwarzen Tänzer zu traditionellen Spirituals „Vom Winde verweht“-Gefühle aufkommen lassen — gottgefällig, gutgelaunt und ein erfolgreiches Geschäft.