Ausstellung: Schöne Scheinwelten im Gasometer
Die Ausstellung in Oberhausen will mit Lichtinstallationen und Reproduktionen von Meisterwerken die Vielfalt der Kunst zeigen.
Oberhausen. Tausende Lichtpunkte tanzen über die Kuppel des Gasometers in Oberhausen. Grafische Muster regnen hinab, Linien umkreisen die Raummitte. Aus den Punkten wird schließlich ein Lichtteppich, der plötzlich Wellen schlägt, als gerate der Raum ins Wanken.
Das Bremer Künstlerkollektiv „Urbanscreen“ hat schon das Opernhaus in Sydney oder Fassaden in Hamburg und dem US-amerikanischen Houston mit Videoinstallationen bespielt. Ihre Arbeit „320 Grad Licht“ ist der Höhepunkt der neuen Gasometer-Ausstellung „Der Schöne Schein“, die bis Ende dieses Jahres (30. Dezember) versucht, die vielen Gesichter von Schönheit abzubilden.
Kunst, die im riesenhaften Innenraum des Gasometers in Oberhausen zur Geltung kommen will, muss dies mit und nicht gegen die Architektur tun. So haben die Bremer entschieden, mit ihrer Installation das Gebäude selbst aus den Fugen geraten zu lassen: mit zurückgenommenen Formenspielen und Lichtvisionen, maßgeschneidert für das hohe Gewölbe des Industriedenkmals, von dessen kathedralenartiger Wirkung sie sofort überzeugt gewesen seien. „Wir wollten den Raum nicht mit Bildern erschlagen“, sagt Thorsten Bauer, Art Direktor des Künstlerkollektivs.
Untermalt von sphärischen Klängen, die im Gewölbe widerhallen, verfehlt das bewegte Lichtpanorama seine Wirkung nicht: „Eine Hommage an den Gasometer“, findet Jeanette Schmitz, Geschäftsführerin der Gasometer GmbH.
Seit nun 20 Jahren sind die Ausstellungsmacher in dem Industriedenkmal Experten für Spektakel: Zweimal war der Verpackungskünstler Christo da, zuletzt erbaute er im Gasometer ein schwebendes Luftkissen. Kulturgeschichtliche Ausstellungen zu Sternen oder den Elementen bieten Anknüpfungspunkte für ein breites Publikum.
Auch im zweiten Teil der Ausstellung kommt das Populäre nicht zu kurz. Großformatige Fotografien bringen nach Oberhausen, wofür der Kunstfreund sonst mindestens den Pariser Louvre, das New Yorker MoMa oder die Londoner Tate Gallery abklappern müsste: Meisterwerke der Kunstgeschichte — als hochwertige Kopie, teilweise um ein vielfaches vergrößert.
„Reproduktionen vermögen nicht das Erlebnis der Originale zu ersetzten“, räumt Ausstellungskurator Peter Pachnicke ein. Doch nur durch die Zusammenstellung der mehr als 180 Bilder und Skulpturen sei es möglich, die Vielfalt des Schönen in der Kunstgeschichte gleichzeitig zu erleben.
Vieles, was Betrachter zu kennen scheinen, ohne je das Original gesehen zu haben, ist da: Da Vincis „Mona Lisa“, Botticellis „Geburt der Venus“, „Nofretete“, die romantischen Landschaften Caspar David Friedrichs oder Van Goghs „Sternennacht“. Selbst das berühmte Deckenfresco der Sixtinischen Kapelle ist im Gasometer nachempfunden. Ikonen der Kunstgeschichte habe er zusammentragen wollen, erläutert Pachnicke, zusammen seien sie Teil unseres kollektiven Bildergedächtnisses. Pachnike ist sich sicher: „Wer hier eintritt, fühlt sich gleich zu Hause.“