Annie Proulx: „Ich liebe deutsche Buchhandlungen“

New York (dpa) - Annie Proulx war 60, als sie sich in die Einöde von Wyoming verliebte. Sie erwarb ein Stück Land und baute ein Haus. In drei Erzählbanden und mehreren Romanen schilderte sie seitdem die karge Rocky-Mountains-Landschaft und den Menschenschlag, der in ihr überlebt.

Eine dieser Kurzgeschichten, „Brokeback Mountain“ über zwei schwule Cowboys, wurde von Regisseur Ang Lee verfilmt und gewann drei Oscars sowie vier Golden Globes.

Jetzt stellt die Pulitzerpreisträgerin ihre Autobiografie „Ein Haus in der Wildnis“ in Deutschland vor. Darin beschreibt Proulx, was sie an das Land fesselt und welchen Problemen sie beim Bau in 3000 Metern Höhe begegnete. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa räumte sie ein, ihr „Traumhaus“ inzwischen zum Verkauf anzubieten.

Frau Proulx, Sie fragen sich in Ihrem Buch: „Warum würde jemand hier leben?“. Was ist Ihr Grund?

Proulx: „Ich habe ein Dutzend Gründe dafür, in Bird Cloud zu bleiben. Hier sind meine Bücher und die Recherche-Unterlagen, mein 20-bändiges Oxford-Wörterbuch und ein ruhiger Platz zum Schreiben. Es stimmt, dass ich das Haus verkaufen will. Aber der Immobilienmarkt ist so schlecht, dass ich es wohl frühestens in ein paar Jahren loswerde. Das Problem ist, dass ich bei hohem Schnee eingeschlossen bin, keine Post und Lebensmittel mehr bekomme. Aber in diesem Winter will ich erstmals hier ausharren. Freunde mit Schneemobilen haben zugesagt, mich mit allem zu versorgen, was ich brauche.“

Fühlen Sie sich von Wyomings Natur und dem trockenen Humor seiner Leute so angezogen, dass Sie sich vorstellen können, den Rest Ihres Lebens dort zu verbringen?

Proulx: „So lange ich Arbeit habe, hält es mich hier. Wyoming ist wirklich außerordentlich schön, man muss nur wissen, wo. Außerdem habe ich gute Freunde hier. Und ich reise viel. Im vergangenen Jahr war ich in Australien und Neuseeland, im kommenden will ich nach Indien, Hongkong, Paris und Texas. In der Zwischenzeit umgebe ich mich mit Büchern, die mir helfen, gedanklich ans Kap Hoorn zu fahren, quer durch Labrador zu trekken, Amur-Tiger zu beobachten und durch die Slums von Paris zu schlendern.“

Was ist Ihr nächstes Buchprojekt?

Proulx: „Ich arbeite wieder an einem Roman. „Barkskins“ spielt an verschiedenen Plätzen, von Quebec über Neuseeland nach Indonesien. Es geht um den Raubbau an unseren Urwäldern seit dem 17. Jahrhundert.“

Welche Verbindung haben Sie zu Deutschland?

Proulx: „Soweit ich weiß, habe ich keinen deutschen Verwandten. Aber ich habe Geschichte studiert und immer ein besonderes Interesse an Deutschland gehabt. Ich liebe deutsche Buchhandlungen über alles und bin dankbar für jede Chance, in ihnen unterzutauchen. Der Grund ist nicht nur das reiche Angebot, sondern auch das Gefühl der Verbundenheit mit anderen Büchernarren. Bei uns in den USA dreht sich doch fast alles nur noch um das elektronische Leseangebot.“