Autor Peter Paul Zahl gestorben
Berlin/Port Antonio (dpa) - Er fälschte Pässe, hatte Verbindungen zur terroristischen „Bewegung 2. Juni“ und saß wegen einer Schießerei mit Polizisten im Gefängnis. Dennoch erntete der antiautoritäre Aussteiger Peter Paul Zahl als Schriftsteller Anerkennung.
Jetzt starb er mit 66 Jahren in seiner Wahlheimat Jamaika an Krebs. Zahl sei am Montagmorgen im Krankenhaus von Port Antonio einer langen Krankheit erlegen, bestätigte seine langjährige Lebensgefährtin Deborah Clark am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa. Er habe am Freitag früh ins Krankenhaus gebracht werden müssen. „Er zitterte plötzlich, er atmete sehr schwer, er wurde sehr heiß“, sagte Clark. Die Berliner „tageszeitung“ (taz) hatte über Zahls Tod berichtet.
Der gebürtige Freiburger, der 1985 nach Jamaika ausgewandert war, schrieb zuletzt vor allem Krimis. Aber auch Essays, Gedichte, Romane, Theaterstücke, ein Reiseführer und sogar ein Kochbuch gehören zu seinem Werk. Gern ergründete er die Abgründe der „guten Gesellschaft“ und setzte kleinen Gesetzesbrechern ein Denkmal.
Im Gegensatz zu vielen anderen deutschen Schriftstellern wurde Zahl nie in Uni-Seminaren literarisch sozialisiert. Der in der DDR und im Rheinland aufgewachsene Verleger-Sohn lernte das Druckerhandwerk und floh 1964 vor dem Wehrdienst nach Berlin. Dort schloss er sich der Gruppe 61 an, der auch Günter Wallraff angehörte.
In der Zeit der Studentenbewegung und der „Außerparlamentarischen Opposition“ (APO) wurde Zahl Akteur der linken „Gegenöffentlichkeit“, gab die Zeitschrift „Spartacus“ heraus und fälschte Papiere für junge Amerikaner, die sich der Einberufung nach Vietnam entziehen wollten. „Das BKA hat die Druckqualität als Eins A bezeichnet“, rühmte er sich später.
Während der Terroristen-Fahndung geriet Zahl 1972 in eine Polizeikontrolle, wollte fliehen und griff zur Waffe. Zwar wollte er zur Seite geschossen haben, doch ein Beamter wurde getroffen. „Ich war kein Terrorist“, sagte der Autor 2002 in einem Zeitungsinterview. Von den vom Gericht verhängten 15 Jahren Haft rechnete er zwölf als „Polit-Zuschlag“.
Absitzen musste er nur zehn. Hinter Gittern schrieb er den Ganoven-Roman „Die Glücklichen“ und erhielt noch als Häftling den Bremer Förderpreis für Literatur. Als Freigänger begann er ein Regie-Volontariat an der Berliner Schaubühne. Nach seiner Entlassung veröffentlichte er ein Drama über den einsam gescheiterten Hitler-Attentäter Johann Georg Elser.
1990 löste sein Stück „Die Erpresser“ über die Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer 1977 einen Skandal aus. Nach seiner Auswanderung debütierte Zahl 1994 als Krimi-Autor nach dem Vorbild von Altmeister Dashiell Hammett. Kritiker würdigten die auf Jamaika spielenden Storys um den schwarzen Privatdetektiv Aubrey Fraser als „vorzügliche länderkundliche Einführung in die Insel“.
2002 veröffentlichte er den in Köln spielenden Roman „Der Domraub“, den er bei einer Lesereise auch in Deutschland vorstellte. Jeder hege „eine Sympathie für gewaltlose Verbrecher, die Grips und Fantasie benutzen statt Kanonen, die nicht die Armen, sondern die Reichen beklauen“, sagte er in einem Interview.
Um seine deutsche Staatsangehörigkeit musste Zahl gerichtlich kämpfen - sie war ihm wegen seines jamaikanischen Passes zunächst vom Auswärtigen Amt entzogen worden. Zuhause fühlte er sich gleichwohl in der Karibik, wie er der Nachrichtenagentur dpa zu seinem 65. Geburtstag sagte. Ihm gefalle es auf Jamaika, wo man Steuererhöhungen mit Massendemonstrationen abzuwehren pflege und trotz verheerender Wirbelstürme nicht so depressiv sei wie im abgesicherten Deutschland: „Und außerdem ist die Musik hier Klasse.“