David Foster Wallaces letzter Roman

David Foster Wallaces Lektor hat aus Entwürfen des 2008 gestorbenen Autors ein wahres Meisterwerk geschaffen.

Düsseldorf. Viel ließ David Foster Wallace über seinen neuen Roman nicht verlauten. Von „einer langen Sache“ sprach er und, dass er für die Recherchen Buchhaltungskurse besucht habe.

Als Davids Witwe Karen Green und Agentin Bonnie Nadell nach seinem Suizid 2008 die Garage durchsuchten, die ihm als Büro diente, fanden sie ein Manuskript von 250 Seiten sowie hunderte von Entwürfen.

Daraus hat Davids Lektor Michael Pietsch posthum den Roman „Der bleiche König“ zusammengestellt, der nun von Ulrich Blumenbach übersetzt auf Deutsch vorliegt.

Nach „Unendlicher Spaß“ (1996) das zweite Meisterwerk von Foster Wallace. Obwohl nur Fragment, wird das Buch als großer Roman der Moderne in die Literaturgeschichte eingehen. Eine Hauptfigur existiert ebensowenig wie ein roter Faden. In Kapiteln, die wie Paragrafen durchnumeriert sind, lässt Foster Wallace die Welt des International Revenue Service, der US-Steuerbehörde, entstehen.

Ein geschlossener Kosmos. Aus Dialogen der Mitarbeiter, Monologen und Rückblenden setzt sich ein komplexes Bild zusammen. Seitenlange Erläuterungen der Unternehmensstruktur und Steuerrichtlinien, die bis zur Schmerzgrenze ausführlich geschildert werden, machen die Monotonie der Arbeit spürbar.

Mitarbeiter Lane Dean beispielsweise bearbeitet ein Steuerformular nach dem anderen. Wie oft er auch zur Wanduhr schaut, die Zeit will einfach nicht vergehen. Am liebsten würde er in der Pause mit rudernden Armen über die Wiese rennen.

Die wahren Helden tragen heute keine Cowboyhüte mehr, sondern sitzen an den Schreibtischen der Behörden. „Das ist der Schlüssel zum modernen Leben. Wenn man gegen Langeweile immun ist, gibt es buchstäblich nichts, was man nicht erreichen kann.“

Foster Wallace bildet eine Welt der Gewohnheit und Konformität ab. Die Zwanghaftigkeit mit der er das tut, ist manchmal schwer erträglich und man fängt an, die Seiten zu zählen. Aber mal ehrlich: Auch so manche Passage in Joyces „Ulysses“ oder Musils „Der Mann ohne Eigenschaften“ liest sich nur mühsam.