Deutsche Verlage öffnen Tür nach Lateinamerika
Guadalajara (dpa) - Der deutsche Pavillon stand im Eingangsbereich der Internationalen Buchmesse (FIL) in Guadalajara. Tausende Menschen strömten seit dem 26. November Tag für Tag an ihm vorüber, und viele blieben für eine Weile, um Informationen aus dem fernen Deutschland aufzufangen.
Hunderte vor allem junge Leute ließen sich dazu verführen, ein Gedicht auf ein Blatt zu schreiben, das an die Äste dort aufgestellter Bäume angeheftet wurde.
Der Ansturm junger Mexikaner hat die deutschen Besucher in der mit rund acht Millionen Einwohnern zweitgrößten Stadt Mexikos überwältigt. Er galt zwar hauptsächlich den fast 2000 Verlagen aus der spanischsprachigen Welt und den ebenfalls von dort stammenden Autoren. Aber dem Gastland aus der Mitte Europas öffnete sich die Tür nach Lateinamerika. „Die Sprachgrenze ist überwunden“, freute sich der deutsche Botschafter in Mexiko, Edmund Duckwitz, als er am Sonntag in Guadalajara Bilanz zog. „Das war ein Treffen der Kulturen.“
Auch Vertreter der deutschen Verlage, Autoren, Repräsentanten des Goethe-Institutes und des Auswärtigen Amtes waren zum Ende der größten spanischsprachigen Buchmesse vom Leseinteresse der Mexikaner begeistert. „Wir erwarten keinen Boom in den nächsten Wochen, aber doch einen Aufschwung“, sagte Iris Klose von der Frankfurter Buchmesse. Die Verlage hätten vor allem Interesse daran, Übersetzungsrechte nicht nur nach Spanien, sondern auch nach Lateinamerika zu verkaufen. „Es sind hier viele Kontakte entstanden, auch mit Verlagen, die nie in Frankfurt präsent waren.“
„Der Markt in Deutschland stagniert, deshalb setzen wir zunehmend auch auf Lateinamerika“, sagte Christa Bommart vom Verlag Vandenhoeck + Ruprecht. „Lateinamerika ist ein Markt, der sich stark entwickelt.“ Allein bei den Literaturveranstaltungen der 25 deutschen Autoren seien mindestens 8 000 Besucher verzeichnet worden. „Wir sind von der Resonanz überwältigt.“
Deutschland präsentierte sich erstmals als Gastland bei der Bücherschau. Höhepunkt war die Teilnahme der Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller, die vor großem Publikum mit dem peruanischen Nobelpreisträger Mario Vargas Llosa über Lesen, Schreiben und den Umgang mit Diktaturen diskutierte. Auch die Lesungen anderer deutscher Autoren wie Monika Maron, Doris Dörrie, Raul Zelik, Wladimir Kaminer, Peter Stamm, Tom Schultz, Timo Berger, Rüdiger Safranski und Sasa Stanisic wurden gut besucht.
Begleitet wurde die Bücherschau von einem umfangreichen Kulturprogramm, das das Goethe-Institut organisiert hatte. Mit Filmen, Theater, Musik und Ausstellungen zeigte Deutschland sein neues, modernes und weltoffenes Gesicht. Es traten, jeweils vor rund 3000 Zuhörern, die deutsch-französische Band Stereo Total, das Kellerkommando und die Weilheimer Indieband The Notwist auf. Und Wladimir Kaminer führte, wenn er nicht gerade eine Lesung hatte, mit seiner Frau Olga erstmals die „Russendisko“ aus Berlin in Mexiko vor.