Frankfurter Buchmesse: Die Türkei gibt sich weltoffen

Die Buchmesse ist eröffnet. Das Gastland Türkei sieht seinen Auftritt auch als Schritt in Richtung Europäische Union.

Frankfurt. "Faszinierend farbig" lautet das Motto des Gastlandes Türkei auf der 60. Frankfurter Buchmesse, die heute beginnt. Einen ersten Zugang in das "Labyrinth" der türkischen Literatur bietet die Ausstellung im Forum des Messegeländes.

Auf acht riesigen Bildtafeln stehen dort die "ganz Großen", darunter die epochemachenden Dichter des Landes - Namen wie Yahya Kemal Beyatli (1884-1958), der den Übergang vom Osmanischen Reich in die Republik markiert; Nazim Hikmet (1901-1963), der Kommunist und Begründer der modernen türkischen Lyrik, der im Exil in Moskau starb; der 1923 geborene Yasar Kemal, der mit seinen "Legenden der Berge und Geschichten der Städte" den sogenannten Dorfliteraten den Weg wies. Und natürlich fehlt nicht Orhan Pamuk, "der erste türkische Nobelpreisträger", wie es stolz heißt.

Dass diese und keine anderen als Protagonisten der türkischen Literatur zu gelten haben, darüber besteht nach Angaben des Ausstellungskurators Ekrem Isin Einmütigkeit. "Darüber gibt es in der Türkei keinen Streit", sagte er beim gestrigen Presserundgang. Ansonsten gibt sich das Gastland diskussionsfreudig, weltoffen - als Land ohne Scheuklappen.

Dafür stehen einige der zahlreichen Diskussionsforen, etwa zum literarischen Schaffen der Minderheiten in der Türkei, Kurden und Armeniern, oder wenn türkische Verleger über ihre Erfahrungen mit der Meinungsfreiheit in ihrer Heimat berichten.

Unter denen, die in der Runde "Meinungsfreiheit" zu Wort kommen werden, ist Etyen Mahcupyan. Ihm wurde die Leitung der armenisch-türkischen Wochenzeitung "Agos" übertragen, weil sein Vorgänger Hrant Dink vor nunmehr fast zwei Jahren von einem jungen Nationalisten in Istanbul auf offener Straße erschossen wurde. Noch immer können in der Türkei Journalisten und Schriftsteller ihres Lebens nicht ganz sicher sein. Nobelpreisträger Pamuk erhielt Drohungen, für die "Agos"-Journalisten sind sie fast alltäglich geworden.

Die Resonanz auf den Frankfurter Gastland-Auftritt, den die Türken auch als wichtigen Schritt in Richtung Europäische Union sehen, ist vor allem in der Türkei gewaltig. Die Eröffnungsveranstaltung gestern Abend mit Orhan Pamuk als literarischem Festredner und dem türkischen Staatspräsidenten Abdullah Gül war frühzeitig ausgebucht.

Mit über 250 Autoren und mehr als 150 Verlagen ist die Türkei angereist. Doch im Gepäck sind nicht nur Bücher. In mehr als 400 Veranstaltungen präsentiert sich die ebenso schillernde wie von Gegensätzen gezeichnete Türkei als ein sich modernisierendes Land mit vielschichtigen kulturellen Schätzen. Theater, Tanz und Ballett, Bildende Kunst und Architektur sind ebenso vertreten wie Musik, Jazz und modernste Klänge aus der Bosporus-Metropole Istanbul.

Solange sich jemand wie Pamuk in der Türkei nicht sicher fühlen könne, sagt Buchmessen-Direktor Juergen Boos, werde das Thema Menschenrechte immer wieder hochkommen. Er dämpft damit allzu hohe Erwartungen an den fünftägigen Auftritt des Gastlandes. Die Messe könne als Plattform Debatten und Entwicklungen nur anreißen.

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