Frankfurter Buchmesse: Sprache mit Stolz und Eleganz
Katalonien ist in diesem Jahr das Gastland des weltgrößten Lesespektakels. Denn wie die Landschaft, so auch die achtgrößte Sprache Europas mit ihren romanischen Wurzeln und ihrer Literatur.
<strong>Frankfurt. "Seien Sie sich da nicht so sicher", heißt eine der "100 Geschichten" des katalanischen Schriftstellers Quim Monzó, Jahrgang 1952. Sie handelt von einem Angestellten, der plötzlich die Gedanken anderer hört, ohne dass die sie aus gutem Grund ("der Trottel da") verschweigen. Zuerst erhöht der Personalchef sein Gehalt. Er macht Karriere, feuert die einen, befördert die anderen, bis er vor dem Direktor des Unternehmens sitzt, um selber Personalchef zu werden. Und denkt, dass er eines Tages auch an dessen Stelle - doch halt. Denn da sagt der Direktor: "Seien Sie sich da nicht so sicher" - als hätte er seine Gedanken gelesen. So ist das mit der Heimtücke der Wahrnehmung. Monzó wird am Dienstag die Festrede zur Eröffnung der Buchmesse halten. Seine Geschichten (das Gesamtwerk erschien in der Frankfurter Verlagsanstalt) sind kurz und knackig, schmerzhaft und schadenfroh. Wie ihn, gilt es auf dieser Buchmesse so manchen hierzulande zu Unrecht unbekannten Schriftsteller aus Katalonien zu entdecken. Denn wie die Landschaft, so auch die achtgrößte Sprache Europas mit ihren romanischen Wurzeln und ihrer Literatur. Der Übersetzer Fritz Vogelgsang, der das dreibändige lyrische Gesamtwerk des Dichters Salvador Espriu ("Obrá poetica"/Das lyrische Werk, Ammann Verlag) herausgab, bekannte: "Ich lernte nur deshalb Katalanisch, um ihn im Original lesen zu können."
Einem Werk sollten wir gleichfalls höchsten Respekt zollen; Cervantes sagte, es sei "das beste Buch der Welt". Es ist der altkatalanische Roman "Vom Weißen Ritter Tirant lo Blanc", verfasst von Joanot Martorell (1413/15-1468) mit Martí Joan de Galba, dem ersten Druckleger, das der katalanische Regisseur Calixto Bieito in Frankfurt nun auch erstmals in Szene setzt. Alle drei Bände, davon zwei erstmals, hat Fritz Vogelgsang übersetzt. (S.Fischer Verlag, Subskription bis 31.3.08), unterstützt von der Universität Alicante und dem Institut Ramon Llull.
Die meisten der katalanischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts sind geprägt von der Diktatur Francos (1939-1975) und dem Terrorsystem der Falangisten, die sie ins Exil und meist in die Armut trieben. Franco unterdrückte erbittert alle originär katalanische Kultur und Kunst, so von Dalí, Tàpies, Miró, Antonio Gaudí oder Pau Casals und geistige Eigenständigkeit.
Stolz, Eleganz und Ehrgeiz kennzeichet die Katalanen, und erfolgreich sind sie auch: In Barcelona, Zentrum der Verlagsbranche, werden 1,6 Milliarden Euro umgesetzt. 13 Millionen Menschen sprechen katalanisch, nicht nur in der Hauptstadt Barcelona und im umliegenden Land, auf den Balearen, in Valencia, Andorra und Südfrankreich.
Und katalanische Leser sind anspruchsvoll: Noch vor wenigen Jahren fand man in den Kiosken längs der Rambla kein Boulevardblatt, keine Hörbücher. Am Buchpreis rüttelten nur die Konservativen um Aznar. 16 Millionen Euro, soviel wie noch kein Gastland zuvor, lassen sie sich ihren Auftritt in Frankfurt kosten.
Tilbert Stegmann, Deutschlands Katalonien-Experte Nummer eins urteilt: "Die katalanische Sprache und Kultur hat einiges aufzuholen." Vielleicht ist einer von ihnen auch übermorgen der neue Literatur-Nobelpreisträger.