Krimi: Mörderin aus übergroßer Liebe

Literaturwissenschaftlerin Silvia Bovenschen sorgt für Lesespaß.

Düsseldorf. Das hat es noch nicht gegeben: Da wendet sich eine Literatur- und Geisteswissenschaftlerin nach hochphilosophischen Werken über das "Älterwerden" oder "Verschwinden" einem literarischen Genre zu, das nicht eben in ihr Fachgebiet fällt, dem Kriminalroman.

Unter dem Titel "Wer weiß was" verfasst sie "Eine deutliche Mordgeschichte". Aber das ist erst der Anfang aller Kuriositäten, mit denen uns Silvia Bovenschen hier überrascht.

Sie amüsiert sich nicht nur selber über das Thema, dem sie sich da ausgeliefert hat, sondern uns gleich mit, indem sie mit köstlich ironischen, um nicht zu sagen sarkastisch-entlarvenden Seitenhieben auf die eigene Zunft nicht geizt. Denn vernünftigerweise spielt sich der Mord dort ab, wo die Autorin sich auskennt, also an der Universität, Lehrstuhl für Literaturwissenschaft.

Zuerst werden die Figuren vorgestellt, Professor, Sekretärin, Autoren, Außerirdische (ja!), Kommissare, die Journalistin Frederike, der Hund Bella und die Dohle Olga. Mit dem ersten Kapitel beginnt für den Leser der heimliche Kicher-Spaß, denn hier spricht der (noch unbekannte) Mörder, und er spricht er uns aus dem Herzen.

Als erster stirbt der, der, wie die Ermittlungen ergeben, äußerst unsympathische Sprachwissenschaftler Ulf Urlach, den zu ermorden nicht wenige gute Gründe gehabt hatten, vom seelischen bis zum sexuellen Missbrauchm, bis zu Erpressung und fortgesetztem Mobbing.

Erwin Merker (47), Erster Kriminalhauptkommissar, beginnt mit den Ermittlungen, hat aber ein Problem. Da setzt Leonie Wagner (62), die demnächst in Ruhestand geht, die Arbeit fort. Zuerst natürlich im universitären Umfeld. Und da kommt sie mancherlei Ungereimtheiten auf die Spur, (die die Autorin in Klammern stets höchst ironisch kommentiert).

Was aber hat es mit Dr. Norman Krüss (54) auf sich, vormals akademischer Oberrat, jetzt erwerbsunfähig? Er lebt in einem überteuerten Altenheim, der "Villa Engadin", das eine gewisse Isolde Strempel beaufsichtigt. Und dann führen Leonie Wagners Wege sie endlich zu der früheren Krankenschwester Molly, die liiert ist mit Pascal von Seefeld und die b im Haus von dessen Mutter Irmgard von Seefeld leben.

Alsdann tauchen vier ominöse Gestalten mit unaussprechlichen Namen wie "Ertzuj" auf. Ihre Aufgabe ist es, die Spezies der "Hominiden" zu untersuchen. Sie halten die Morde für absurd und bemerken, dass die "tellurische Mission" gescheitert und "das Projekt Mensch verfehlt" ist. Sie werden abberufen.

Am Ende werden natürlich alle Rätsel gelöst, aber auf ungewöhnliche Weise. Da wohnt die Kommissarin mit zwei Freundinnen - eine davon ist Molly - in einem Haus in Süddeutschland mit Garten. "Ich hätte das Ganze viel delikater aufgezogen", heißt es einmal an anderer Stelle. Silvia Bovenschen ist ein höchst mehr als delikates Buch gelungen.

Silvia Bovenschein: "Wer weiß was. Eine deutliche Mordgeschichte." geb., 333 S., 19,95 Euro, S.Fischer Verlag, ISBN 978-3-10-003515-8

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