Krimi: Treffen der Besten
Das nächste Woche beginnende Literatur-Festival setzt einen Schwerpunkt bei der Spannung. Wir haben einige Tipps.
Köln. Tatort: Ein leerer Zug im Moskauer Bahnhof Yarolavl. Die junge Maya erwacht und bemerkt, dass ihr Säugling verschwunden ist. Niemand will ihr glauben, also macht sie sich selbst auf die Suche. Dabei kreuzt sie den Weg von Ermittler Arkadi Renko, der den Mord an einer Prostituierten aufzuklären hat und Spuren auf "der goldenen Meile", dem Russland der Superreichen und Mächtigen, nachgehen muss.
Der Kriminalroman "Die goldene Meile" ist der siebte in der Renko-Reihe. Der amerikanische Autor Martin Cruz Smith, der 1983 seinen Kommissar in dem Thriller "Gorki Park" erstmals auf die Pirsch schickte, hat wieder einmal genau recherchiert.
Sein Buch zeichnet ein messerscharfes Bild des Putin-Russland mit seinen verschwimmenden Grenzen zwischen Polizei, Justiz, Turbokapitalismus, Verbrechen und Korruption und ist deshalb nicht nur ein Thriller, sondern vor allem eine messerscharfe Gesellschaftsanalyse.
Martin Cruz Smith ist einer von zahlreichen Krimiautoren, die bei der diesjährigen lit.Cologne (10. bis 20. März) aus ihrem Werk lesen. Forstet man das Programm auf seine literarische Verbrechensrate durch, könnte man sogar von einem Klassentreffen namhaftester "Schreibtischtäter" sprechen.
Die Skandinavienfraktion umfasst immerhin Håkan Nesser, Jungstar Arne Dahl und Henning Mankell; der schottische Autor Ian Rankin hat seinen versoffenen Kommissar John Rebus im Gepäck, der im neuen Buch "Ein Rest von Schuld" in Rente gehen muss; nicht minder verschroben auch Wolf Haas’ Ermittler Simon Brenner.
Landsmann Paulus Hochgatterer lässt sein Ermittler-Duo aus dem Psychiater Raffael Horn und dem Kommissar Ludwig Kovacs wieder aufleben. Ein Totengedenken in mehrfachem Wortsinn bietet schließlich eine Patricia Highsmith-Lesung. Der Reiz des Krimis lebt aus der Spannung zwischen Vertrautem und Unvertrautem.
Kaum ein literarisches Genre, das so strengen Regeln folgt, die dann lustvoll übertreten werden. Und noch der blutrünstigsten Verbrechensbeschreibung liegt nicht nur eine Gesellschaftsanalyse, sondern auch eine konservative Haltung zugrunde. Es ist der Kommissar, der als Vertrauensperson des Lesers Ordnung im Chaos stiften muss.
Und das ist bei dem aus Südafrika stammende Autor Deon Meyer besonders groß. Anders als bei vielen Kollegen treten bei ihm immer neue Ermittler auf. Da ist der selbstmordgefährdete Matt Joubert, der schwarze Ex-KBG-Killer Thobela oder Inspektor Benny Griessel, der Held des neuen Romans "Dreizehn Stunden".
Sein Tag beginnt mit einer Frauenleiche, dann liegt ein Musikproduzent tot in seinem Wohnzimmer und eine weiße Frau wird durch die Stadt gehetzt. Innerhalb von dreizehn Stunden muss Griessel die Morde aufklären und daraus webt sein Autor einen Plot, der Rassenkonflikte, Korruption und die schwache Rolle von Polizei und Justiz genau beschreibt - ohne das Land an den Pranger zu stellen.
Der 52-jährige Autor, der aus einer armen weißen Burenfamilie stammt, hat lange als Journalist gearbeitet und gilt heute als einer der erfolgreichsten südafrikanischen Krimischriftsteller - neben Roger Smith, der mit dem deutschen Krimipreis 2010 ausgezeichnet wurde und bei der lit.Cologne seinen neuen Roman "Blutiges Erwachen" in einer gemeinsamen Lesung mit Meyer vorstellt. Besser und spannender kann man sich auch als Fußballfan nicht über das Land der WM informieren.