Peter Sloterdijk: Aus dem Elfenbeinturm ins Schlachtgetümmel
Peter Sloterdijk nimmt sich der medialen und politischen Folgen des 11. Septembers an.
Düsseldorf. Wenn sich Philosophen mit der Politik einlassen, geht der Schuss gern nach hinten los. Das war schon in der Antike bei Platon so, der beim Tyrannen von Sizilien einen von Philosophie bestimmten Staat einrichten wollte. Das zieht sich als roter Faden durch die Philosophiegeschichte und es endet keineswegs bei Heideggers Verstrickung in den Nationalsozialismus oder bei Sartres Besuch beim RAF-Mitglied Andreas Baader 1974 in Stuttgart.
Soll also ein Philosoph in seinem Elfenbeinturm bleiben? Oder hat er gar die Pflicht, sich aufs politische Glatteis zu begeben? Wie man fast unfreiwillig auf ein solches gerät, beschreibt auch das neu bei Suhrkamp erschienene Buch „Reflexionen eines nicht mehr Unpolitischen“ von Peter Sloterdijk. Hierbei handelt es sich um die Rede des Philosophen zur Entgegennahme des Ludwig-Börne-Preises.
Mit der „Ursünde“ der „Politisierung“ wollte der Denker ursprünglich nichts zu tun haben. Lieber hätte er es mit Diogenes gehalten, der vom großen Alexander gefragt wurde, was er für ihn tun könne. Diogenes´ lapidare Antwort: „Geh mir aus der Sonne.“ Das hätte Sloterdijk nur allzu gern auch auf die „mächtigen Herumsteher und Schattenmacher unserer Tage angewandt“. Aber ein eher beiläufiger Vortrag im Jahr 1999 über Gentechnik und die Beziehung zwischen Erbgut und Erziehung katapultierte Sloterdijk sowohl ins Politische wie auch ins Medieninteresse.
Als so nicht mehr Unpolitischer widmet sich Sloterdijk dann der Analyse der Ereignisse des 11. Septembers, deren medialer Aufbereitung, der Polarisierung und den bis heute allgegenwärtigen politischen Folgen: „Denn ich sah sie ja kommen, die Vergeltungstruppen und ihre eingebetteten Journalisten, mit ihrer großspurigen Imperium-Versteherei, ihrem Applaus für den Krieg unter gefälschten Vorwänden und ihrer antiislamischen Verbissenheit.“
Für Einsteiger dient das Büchlein als knappe Einführung in Sloterdijks Denkweise, Kenner können sich wieder am geschliffenen Stil erfreuen, der Inhalt ist — trotz gelungener Verdichtung — leider nicht ganz so neu.