Romy Schneider: Die tragische Schönheit
Vor 70 Jahren ist Romy Schneider geboren worden, künftiger Filmstar und Mythos.
Düsseldorf. Vor 26 Jahren hörte ihr Herz auf zu schlagen, und noch immer möchte man glauben, dass der Mythos Romy Schneider eines Tages entschlüsselt werden kann. Neue Versuche sind jetzt, pünktlich zum 70. Geburtstag der Schauspielerin, in Biographien erschienen.
Jürgen Trimborn konzentriert sich auf Romys Familie, die Schauspielerdynastie Albach-Retty. Günter Krenn versucht es mit dem Blick eines Wissenschaftlers, der Romys rund 60 Filme ins Zentrum stellt. Und Botti lässt Bilder sprechen.
Die Biografen sind fleißige Rechercheure, schildern detailgenau und mit vielen Quellen. Unterhaltsamer gerät Trimborns Ansatz, er erzählt und interpretiert auch, statt nur Fakten auf den Tisch zu legen. Allerdings kann sein Schreibstil zuweilen nerven. Nach fast jedem Kapitel schließt er mit Versatzstücken wie : "Noch ahnt sie nicht, dass ...". Auch inhaltlich sind Wiederholungen an der Tagesordnung.
Krenn schreibt stilvoller, wenn auch nüchterner. Zwischen den Zeilen liest man die Arbeit, die der wissenschaftliche Mitarbeiter des Filmarchivs Austria aufgewandt hat. Das tut dem Lesefluss nicht immer gut. Wohltuend ist allerdings, dass er einer der wenigen ist, die sich nicht einbilden, Romy Schneider besser zu kennen als sie sich selbst gekannt hat.
Immer neue Biografien, Bildbände und TV-Dokumentationen gibt es über Romy Schneider. Doch nichts erklärt, was ihre Filme offenbaren: Sie zeigen das unvergessliche Gesicht der großen Diva, das in einem Moment die deutsche Jungfräulichkeit und im nächsten schon die französische Femme Fatale spiegelt.
Wer sich hierein vertieft hat, ahnt, mit welchen Widersprüchen diese Frau zu kämpfen hatte, die bedingungslose Leidenschaft auf der Bühne wie im Privaten lebte und forderte. "Ich habe mein Schicksal selbst geschmiedet, und ich bereue nichts", sagte Schneider einmal.
Sie wird auch den tödlichen Cocktail aus Wein, Schlaf- und Schlankheitspillen nicht bereut haben, der zu ihrem Herzversagen führte. Denn da hatte sie schon alles verloren, was ihr jemals Halt gegeben hatte: Ihr Sohn David verunglückte mit 14 Jahren tödlich, ihr Ex-Mann Harry Meyen beging Selbstmord, sie war hoch verschuldet, und nicht zuletzt spürte sie, wie ihre jugendliche Schönheit schwand. Romy Schneider wurde nur 44 Jahre alt.
Ihr früher Tod, dessen Ursache nie durch eine Obduktion geklärt wurde, und ihre Schönheit befeuern den Mythos Romy Schneider kräftig. Doch es steckt mehr in dieser Frau: Sie wurde auch zu einem Spielball der deutschen Nachkriegsgesellschaft, die sich nicht entscheiden konnte, ob sie nun in Sack und Asche gehen oder die Vergangenheit lieber ganz vergessen sollte.
Eines durfte man jedenfalls nicht: Das Leben hedonistisch genießen. Fleiß und die Biederkeit der Adenauer-Ära waren Tugenden, offen zur Schau getragene Lebenslust verletzte das Bekenntnis zum Wiederaufbau.
Und so verstieß das Deutschland der 50er Jahre seinen Mädchenstar, als er nicht mehr Kaiserin Sissi sein wollte. Schneider, die bisher von ihrer Mutter erfolgreich vermarktet wurde, floh nach Paris und verliebte sich Hals über Kopf in den damals noch unbekannten Alain Delon, der zum Sinnbild für die zügellosen Franzosen wurde. Der "Spiegel" schrieb sogar: "Romy wäre der große Deutschlandfilm".
Auch im Leben hat Romy Schneider immer neue Rollen probiert - von der braven Mutter und Hausfrau bis zur bisexuellen Verführerin. Die beiden Biographien schaffen deshalb vor allem eines: Durch ihre detailreichen Schilderungen zeigen sie, dass Romy Schneider ein überaus vielschichtiger Mythos ist, der nicht in zwei Sätzen erklärt ist und für den Buchstaben nicht reichen. Wer ihn verstehen will, muss sie in ihren Filmen erleben. In ihren Augen zeigt sich dann, was Romy so ausdrückte: "Lieber eine unglückliche Leidenschaft erleben, statt im Glück zu schnarchen."