Schriftsteller Lars Gustafsson gestorben
Stockholm (dpa) - „Ich bin - kurz gesagt - eine fast uninteressante Person“, hat Lars Gustafsson einmal von sich gesagt. Doch mit dieser Auffassung stand der gebürtige Schwede ziemlich alleine da.
Am Sonntag ist mit Gustafsson einer der größten Intellektuellen und erfolgreichsten Erzähler Schwedens gestorben. Er wurde 79 Jahre alt. Seine Romane und Gedichte wurden in viele Sprachen übersetzt.
Lars Gustafsson war ein Tausendsassa, der mit seinen Erzählungen das Bild von Schweden ebenso geprägt hat wie die Kinderbücher von Astrid Lindgren (1907-2002) oder die Krimis von Henning Mankell (1948-2015).
Eine wichtige Rolle spielt in seinen Romanen immer wieder der Ort und die Landschaft, in die er 1936 hineingeboren wird: Västerås in Südostschweden.
Schon als er Schüler war, zeigte sich, dass Gustafsson literarisches Talent besaß. Er bekam ein Stipendium des König-Gustaf-Adolf-Jubiläumsfonds, das es ihm ermöglichte, in Oxford zu studieren.
Mit 21 veröffentlichte er sein erstes Werk: „Wegesrast“ (1957). Einige Jahre später wurde er Leitender Redakteur des „Bonniers Litterära Magasin“, das sich zu Schwedens führendem Magazin für Literaturkritik entwickelte.
Schnell war klar, Lars Gustafsson hält sich nicht raus, wenn er etwas zu sagen hat. In fünf Büchern, die in Deutschland als Sammelband unter dem Titel „Risse in der Mauer“ erschienen sind, machte er aus seiner Kritik am sozialdemokratisch geprägten und für ihn provinziellen Schweden der 60er Jahre keinen Hehl.
In Deutschland bekannter wurde Gustafsson 1967 mit seinem Gedichtband „Die Maschinen“, der von Hans Magnus Enzensberger übersetzt wurde.
Im Laufe der Jahre wurde es Gustafsson zu eng in seiner Heimat und es zog ihn zunächst nach Berlin, wo er später Mitglied der Akademie der Künste wurde und sich ein fließendes Deutsch aneignete.
Später ging Gustafsson nach Austin, wo er an der University of Texas Philosophie und Germanistik unterrichtete. Sein Roman „Die Tennisspieler“ (1977) ist eines von drei Büchern, in denen Gustafsson auch sein eigenes Leben als Ausgangspunkt nimmt.
Erst 2006 kehrte er zurück nach Schweden und schrieb als Kulturkritiker für die Zeitung „Expressen“. „Seine breite und tiefe Ausbildung, gepaart mit der ihm eigenen Fähigkeit, sich auszudrücken, war von unschätzbarem Wert für unsere kulturelle Seite“, schrieb die Kulturchefin der Zeitung, Karin Olsson.
Das literarische Werk des Schweden mit amerikanischem Pass erregte auch in der Fachwelt Aufmerksamkeit. 2009 erhielt er zum Beispiel die Goethe-Medaille, 2015 den Thomas-Mann-Preis, der von der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (München) und Manns Geburtsstadt Lübeck verliehen wird. Die Jury schrieb damals, seine „Risse in der Mauer“ über die Veränderungen des europäischen Wertesystems, besonders aber der Roman „Der Bienenzüchter“ verbänden „philosophische Einsicht und erzählerische Meisterschaft“.
In seinem letzten Roman, „Doktor Wassers Rezept“, der erst im Februar auf Deutsch erschienen ist, ging es um einen 80-jährigen Hochstapler.