Abschied Sci-Fi-Autorin Ursula K. Le Guin gestorben

Los Angeles (dpa) - Lange vor Harry Potter ließ sie schon einen Zauberlehrling gegen das Böse kämpfen. Sie erschuf eigene Welten, verfasste mehr als 20 Romane, darunter „Die linke Hand der Dunkelheit“ und „Planet der Habenichtse“.

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Ursula K. Le Guin zählte zu den Großen unter den Fantasy- und Science-Fiction-Autoren. Mit 88 Jahren ist die US-Schriftstellerin nun in ihrem Haus in Portland an der Westküste der USA gestorben. „Eine literarische Ikone“ sei gegangen, schrieb Horror-Großmeister Stephen King auf Twitter.

Friedenspreisträgerin Margaret Atwood („Der Report der Magd“) rühmte Le Guins „ungeheure Vorstellungskraft“ und ihren „starken und messerscharfen Verstand“. Der britische Science-Fiction-Autor Neil Gaiman, bekannt für seine Arbeit mit Altmeister Terry Pratchett, postete ein Video mit ihr und schrieb: „Ich vermisse sie als die tiefgründigste und schlaueste aller Autoren.“

Die Details für eine Zauberschule, wie J. K. Rowling sie mit ihren „Harry Potter“-Romanen berühmt machte, hatte Le Guin in ihrer „Erdsee“-Saga schon ausgearbeitet, als die Hogwarts-Autorin ein kleines Mädchen war. Vielleicht waren die Leser damals einfach noch nicht bereit für so eine Welt, die heute Millionen Fans gepackt und Rowling zur ersten Milliardärs-Autorin gemacht hat.

Le Guins Pioniergeist ging noch weiter: In „Das Wort für Welt ist Wald“ von 1976 überfallen bösartige Menschen etwa einen Planeten voll friedlicher, waldbewohnender Aliens - James Cameron brachte seinen gefeierten Film „Avatar“ mit demselben Thema erst 2009 auf die Leinwand. Der Roman „Das zehnte Jahr“ von 1966 spielt in einer Welt mit 15 Jahreszeiten, in der Barbaren von Norden angreifen und „Schnee-Ghouls“ ihr Unwesen treiben - „Game of Thrones“ lässt grüßen.

Mit mehr als 20 Romanen, einer Reihe von Kurzgeschichten-Sammlungen, Kinderbüchern sowie Essays, Gedichten und Übersetzungen hat Le Guin ihrem kreativen Fluss über Jahre alle Ventile geöffnet. Ihre Mutter Theodora Kroeber, die selbst als Autorin arbeitete, und ihr Vater Alfred Kroeber, ein Anthropologe, dürften ihr literarisches Werk am Grenzbereich von Fantasy und Science-Fiction mitgeprägt haben.

In eine Schublade stecken lassen wollte sich Le Guin aber nie. „Geschichten aus Orsinien“ etwa ist ein realistisches Werk, das im 19. Jahrhundert spielt und die Geschichte einer Revolution in einer Zeit erzählt, als Revolutionen unmöglich scheinen. Einer ihrer bekanntesten Romane ist „Die linke Hand der Dunkelheit“ aus dem Hainish-Zyklus.

Stets nannte Le Guin die amerikanische Westküste ihr Zuhause. Geboren wurde sie 1929 im kalifornischen Berkeley und lebte bis zuletzt in Portland im Bundesstaat Oregon. Dort starb sie nun auch, ihre Familie sprach auf Twitter von einem „friedlichen Tod“ am Montagnachmittag. Eine Todesursache nannte ihr Sohn Theo Downes-Le Guin auf Nachfrage der „New York Times“ nicht, er sagte aber, seine Mutter habe schon seit einigen Monaten gesundheitliche Probleme gehabt.

Ihre Lehrtätigkeit rund um das Schreiben an Colleges und Universitäten hatte Le Guin aufgegeben, aber Fragen von Nachwuchs-Autoren beantwortete sie immer noch gern. „Erfolgreiche Schriftsteller halten keine mysteriösen Geheimnisse vor eifrigen Anfängern zurück“, schrieb sie einmal. Für ihre Antworten im Internet nahm sie sich lang Zeit und viel Raum. Sie vermisse es, mit Lehrlingen einen regelmäßigen Austausch zu haben, sagte sie.

„Der einzige Weg, wie jemand jemals gut zu schreiben lernt, ist bei dem Versuch, gut zu schreiben“, fasste Le Guin damals augenzwinkernd und doch todernst zusammen. „Das fängt in der Regel damit an, gut Geschriebenes von anderen Menschen zu lesen und selbst sehr lange Zeit schlecht zu schreiben.“