Sibylle Lewitscharoff: Skandalrede um künstliche Befruchtung

Büchnerpreisträgerin Lewitscharoff empört in Dresden mit provokanten Thesen.

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Dresden. Sie spricht von zweifelhaften Geschöpfen, die auf abscheuliche Art zustande gekommen seien, und meint doch Kinder, die im Reagenzglas gezeugt wurden. Mit einer provozierenden Rede wider die künstliche Befruchtung hat Büchnerpreisträgerin Sibylle Lewitscharoff (59) für Empörung gesorgt — für viele völlig unverständlich in dieser Heftigkeit, auch für den Veranstalter der Dresdner Reden, das Staatsschauspiel Dresden. „Natürlich haben wir nicht damit gerechnet, dass jemand auf der Bühne diese Vergleiche anstellt“, sagt Chefdramaturg Robert Koall. „Dann hätten wir sie nicht eingeladen.“

Für eine Stellungnahme war die vielfach ausgezeichnete Schriftstellerin nicht zu erreichen. Sie hat sich zwar schon oft skeptisch zu technischen Entwicklungen geäußert, gilt aber politisch als eher liberal, nicht dogmatisch.

Sie fühle sich an die „Kopulationsheime“ erinnert, „welche die Nationalsozialisten einst eingerichtet haben, um blonde Frauen mit dem Samen von blonden blauäugigen SS-Männern zu versorgen“, hatte sie laut Redemanuskript in Dresden gesagt. Nur kämen diese ihr angesichts des medizinischen Entwicklungsstandes heute „wie harmlose Übungsspiele vor“. Dass sie übertreibe, räumt die Wortkünstlerin in der Rede selbst ein. Nur um dann zu sagen, dass sie geneigt sei, Kinder, die auf solch „abartigen Wegen“ entstanden sind, als „Halbwesen“ zu betrachten.

Lewitscharoff ist für ihre wortgewaltigen Werke berühmt, für die sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde, 2013 mit dem Georg-Büchner-Preis. „Wir haben nicht damit gerechnet, dass es in dieser Heftigkeit und dieser Absurdität geschieht“, sagt auch Koall. Auch ihr Verlag Suhrkamp geht zum Gesagten seiner Autorin auf Distanz: „Die Haltung, die in der Rede von Sibylle Lewitscharoff zum Ausdruck kommt, ist nicht mit der des Verlags zu verwechseln“, hieß es bei Suhrkamp.