Tagebücher: 15 Stunden Alltag von Thomas Mann

Die Erinnerungen des Nobelpreisträgers gibt es jetzt als Hörbuch.

Berlin. Den Drang, seine Erlebnisse regelmäßig festzuhalten, konnte Thomas Mann (1875-1955) sich selbst nicht erklären. "Warum schreibe ich das alles? Um es rechtzeitig vor meinem Tod zu vernichten oder wünschen, dass die Welt mich kenne", fragte er. Einige Bücher vernichtete er tatsächlich, andere erschienen bereits, herausgegeben von Peter de Mendelssohn und später von Inge Jens. Sie zeigten eine andere, private Seite des unnahbaren Jahrhundertschriftstellers und Literaturnobelpreisträgers - und die war nicht immer nur angenehm. Jetzt gibt es die Tagebücher von 1918 bis 1955 in Auszügen auch als Hörbuch, gelesen von dem Schauspieler Hanns Zischler.

Es ist ein ambitioniertes Projekt mit immerhin zwölf CDs. Mehr als 15 Stunden, mit Manns Anmerkungen über Besuche, Briefe, Lektüre, Reden, Krieg, Exil und andere politische Zeitereignisse - aber auch über Zahnschmerzen, Wetter, Frühstück, Schlaftabletten und letzte homoerotische Abenteuer. Frau und Kinder kommen am Rande vor, ebensowenig gibt es Notizen über die Arbeit, wie im erläuternden Begleitbuch betont wird. Die Stimme Zischlers ist einerseits angenehm in ihrem zurückhaltenden, nüchternen Tonfall, ermüdet andererseits bei langem Zuhören. Zischler liest deutlich monoton, offenbar ohne jede Emotion.