„Toscana Mia“: Roberts Gernhardts Nachlass

Frankfurt/Main (dpa) - Robert Gernhardt (1937-2006) gehörte zu den Pionieren der „Toskana-Fraktion“: Schon 1972 kaufte er sich dort mit Freunden ein halbverfallenes Haus. Fünf Jahre nach dem Tod des Dichters und Zeichners ist nun als erster Band aus seinem Nachlass das Buch „Toscana Mia“ erschienen.

Mit Witz und Selbstironie hat Gernhardt festgehalten, was ihm an seinem Zweitwohnsitz Montaio so alles einfiel: Reisenotizen, Alltagsreflexionen, Privates, Philosophisches, Nonsens-Gedichte oder Wortspiele. Also der ganz eigene Gernhardtsche Kosmos, der sich im Buch chronologisch über fast drei Jahrzehnte erstreckt.

Die Literaturkritikerin Kristina Maidt-Zinke hat die bisher unbekannten Texte und Zeichnungen aus Gernhardts Nachlass - den legendären 675 Brunnen-Heften - herausgefiltert. Es sind unlinierte DIN-A5-Hefte der Marke „Brunnen“, die der Dichter stets bei sich trug. Mehr als 40 000 Seiten hat Gernhardt hinterlassen - die „ästhetische Summe meiner Existenz“ hat er es mal genannt. Maidt-Zinke wertet das alles für das Deutsche Literaturarchiv in Marbach aus - beim Toskana-Teil handelt es sich nur um einen Bruchteil.

Für den Band, der am Mittwochabend in Frankfurt vorgestellt wurde, hat Gernhardt noch kurz vor seinem Tod selbst den Titel ausgewählt. Der Mitbegründer der Satire-Zeitschrift „Titanic“ war als Zeichner und Dichter eine ganz außergewöhnliche Doppelbegabung. Er gilt gerade auch wegen seiner Erzählungen als einer der bedeutendsten deutschen Autoren der Nachkriegszeit. Gernhardt starb am 30. Juni 2006 in Frankfurt im Alter von 68 Jahren an einer Krebs-Erkrankung, mit der er sich ebenfalls literarisch intensiv auseinandergesetzt hat.

Im neuen Buch geht es auch viel um die Italiener - es sind meist heitere Geschichten über die Mühsal der Olivenernte in der Toskana oder über die Maurer, die plötzlich wieder den rustikalen Baustil entdecken. „Ich habe die Besten meiner Generation verderben sehen bei dem Versuch, die italienische Seele zu enträtseln“, spöttelt Gernhardt über die uralte deutsche Italien-Sehnsucht.

Und es schwingt immer auch die Trauer über die „Toskanisierung der Toskana“ mit - natürlich nimmt Gernhardt auch seine Landsleute aufs Korn, von denen immer mehr in diesen schönen Landstrich einfallen. Gernhardt ist aber scharfsinnig genug zu merken, dass sich seine Feindseligkeit gegenüber den deutschen Studienräten, vor denen auch der hinterste Winkel in der Toskana nicht verschont bleibt, eigentlich immer auch gegen sich selbst richtet.