Wegen Grass: US-Autor bleibt Preisverleihung fern
Bremen (dpa) - Das Israel-kritische Gedicht von Günter Grass schlägt in der Literaturszene weiter hohe Wellen. Der US-Autor Dave Eggers sagte seine Teilnahme an der Verleihung des Literaturpreises „Albatros“ der Günter Grass Stiftung am Freitag in Bremen ab.
Eggers bleibe fern, „weil er im Lichte der momentanen Debatte vor allem endlose Fragen zu Grass, Israel und dem Iran beantworten müsste“, hieß es in einer kurzen Stellungnahme der Agentur des Schriftstellers, die der Verlag Kiepenheuer & Witsch übermittelte.
„Die Absage erreichte uns extrem kurzfristig. Wir bedauern das natürlich sehr“, sagte die Geschäftsführerin der in Bremen ansässigen Günter Grass Stiftung, Donate Fink, bei dem Festakt am Nachmittag im Rathaus. Sie äußerte aber auch Verständnis. „Dass Dave Eggers sich nicht äußern möchte zu Dingen, von denen er nicht genug weiß, ehrt ihn.“ Die Absage richte sich nicht gegen den Preis oder die Stiftung.
Literaturnobelpreisträger Grass hatte in seinem Gedicht „Was gesagt werden muss“ geschrieben, dass die Atommacht Israel den Weltfrieden bedrohe und das iranische Volk mit einem Erstschlag auslöschen könne. Damit hatte er heftige Kritik ausgelöst. Israel verhängte ein Einreiseverbot gegen den 84-Jährigen.
Der „Albatros“ gilt mit 40 000 Euro als einer der höchst dotierten Literaturpreise in Deutschland. Die Günter Grass Stiftung vergibt diesen seit 2006 alle zwei Jahre an Autoren und ihre Übersetzer. Eggers teilt sich die Auszeichnung für seinen Roman „Zeitoun“ mit den Übersetzern Ulrike Wasel und Klaus Timmermann, die erschienen waren.
Die Jury würdigte Eggers' 2011 in Deutschland erschienenes Buch als ein beeindruckendes Plädoyer für Zivilcourage. „Zeitoun“ erzählt die Geschichte eines amerikanisch-syrischen Unternehmers, der den Opfern des Hurrikans „Katrina“ in New Orleans helfen will und dabei ins Visier der Terrorismusfahnder gerät. Die Übersetzung von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann habe die Überzeugungskraft des herausragenden Textes glänzend vermittelt.
Eggers wurde 1971 in Chicago geboren und lebt heute in der Umgebung von San Francisco. 1993 gründete er mit Freunden das Magazin „Might“ und fünf Jahre später den unabhängigen Verlag McSweeney's, in dem er seine Bücher herausbringt. 2001 erschien in Deutschland sein Erstlingswerk „Ein herzzerreißendes Werk von umwerfender Genialität“, das 2000 für den Pulitzer Preis nominiert worden war. Seither veröffentlichte er sechs weitere Bücher beim Verlag Kiepenheuer & Witsch, darunter „Bei den Wilden Kerlen“ 2009 und „Zeitoun“ 2011.
Der Verlag Kiepenheuer & Witsch wollte Eggers' Absage zu der Preisverleihung in Bremen nicht weiter kommentieren. „Wir akzeptieren selbstverständlich die Entscheidung des Autors“, sagte Sprecherin Gudrun Fähndrich. Der Schriftsteller hatte bereits im März erklärt, seinen Teil des Preisgeldes dem Verein „Gegen Vergessen - für Demokratie“ spenden zu wollen.