Würdige Überraschung
Martin Walser kennt von Alice Munro „Null“, auch der Großkritiker Hellmuth Karasek hat noch nie etwas von ihr gelesen. Heißt nichts, eine großartige Schriftstellerin ist sie trotzdem und eine würdige Trägerin des Literaturnobelpreises.
Die Jury in Stockholm traf eine allseits begrüßte Entscheidung — anders als 2011 mit dem hermetischen Lyriker Tomas Tranströmer und 2012 dem politisch umstrittenen Chinesen Mo Yan. Eine Überraschung ist weniger, dass sich die Juroren nach 20 Jahren mal wieder für einen Autoren aus Nordamerika entschieden haben. Für einen Oho-Effekt sorgt vielmehr, dass sie das Genre der Kurzgeschichte und dann nicht einen Mann, sondern Munro auszeichnen. Deren scheinbar leicht hinskizzierte Alltagsszenen sind von makelloser Klarheit und straffer Zeitlosigkeit. Die vielen Leser, die ihr jetzt zuströmen werden, hat sie mehr als verdient.