„The Who And The What“ Akhtars Komödie über wahren Islam in Hamburg erstaufgeführt

Hamburg (dpa) - Die Sache mit der Bilderfeindlichkeit des Islam hat der Set-Designer Franz Dittrich ernst genommen: Seine nachtschwarze Bühne im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg wird einzig von einem großen, vertikal gehängten Rechteck aus zwölf Holzplatten erhellt.

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Als Symbol für die Erhabenheit und Härte, aber auch die Interpretationsbedürftigkeit dieser Religion lässt sich das lesen. Vorn an der Rampe befindet sich dazu eine Schale mit Orangen - süße Früchte der Sinnlichkeit und Verführung. In diesem Spannungsfeld bewegt sich ein Stück über die ernste, hochaktuelle Frage nach dem rechten muslimischen Glauben - in Form einer wortwitzigen, wenngleich auch lehrhaft wirkenden Boulevardkomödie.

Bei der deutschsprachigen Erstaufführung am Samstagabend fand Ayad Akhtars „The Who And The What“ (2014) in der behutsamen Inszenierung von Intendantin Karin Beier und in Anwesenheit des spürbar gerührten Autors großen Anklang. Eineinhalb Stunden lang hatten sich die Zuschauer unter viel Gelächter mit Themen beschäftigt, die das gängige Regietheater eher in aggressiv innovativer Form aufgreift: Glaube und Islam, Migration, der Einbruch westlicher Gedankenfreiheit in ein überkommenes Familienkonzept und Frauenbild. Doch Akhtar, dem 1970 in New York geborenen, Pulitzer-preisgekrönten Sohn pakistanischer Einwanderer, verhandelt solch großen Fragen mit amerikanischer Lockerheit in publikumsfreundlichen Well-Made-Plays. Bereits seine Erfolgskomödie „Geächtet“ wurde Anfang 2016 am Schauspielhaus erstaufgeführt.

In „The Who And The What“ lässt er die Probleme auf Familienebene austragen. Unter dem Titel schreibt Zarina (Lina Beckmann), intellektuelle Tochter eines in den USA zu Wohlstand gekommenen pakistanischen Taxi-Unternehmers, ein Buch über den Propheten Mohammed. Sie schildert ihn als Menschen und Mann mit Schwächen, einschließlich seiner von Gelüsten geprägten Beziehung zu Frauen. Was etwa den Schleierbrauch erkläre. Vater Afzal (Ernst Stötzner) will Zarina dagegen verheiratet sehen, sucht unter ihrem Namen im Internet nach Kandidaten - mit positivem Resultat. Er war einst in seiner Zwangsehe glücklich geworden. Als Afzal vom Inhalt ihres Buchs erfährt, verstößt der konservative Gläubige seine Tochter. Bis am Ende die familiäre Liebe obsiegt. Und die nun anerkannte Verfasserin ihm das gewünschte Enkelkind ankündigt - ein Mädchen.

„Gottes Gnade gehört allen“, hatte sich der da noch zukünftige, zum Islam konvertierte Schwiegersohn (Paul Herwig) aufgeklärt gezeigt. Und Zarinas lebenslustige Schwester Mahwish (Josefine Israel) lässt sich auf Auseinandersetzungen gar nicht erst ein. Sie praktiziert mit ihrem Verlobten jahrelang Analsex, um glaubensgemäß als Jungfrau in die Ehe zu gehen. „Ich hab’ so ein Gespür für Mohammed. Also wer er ist“, erklärt die von Beckmann als aufsässig, aufrichtig und ernsthaft gespielte Zarina ihren individuellen, moderner westlicher Sichtweise entsprechenden Zugang zur Religion. Der fundamentalistische Vater - Stötzer zeichnet die Zentralfigur fein und eindringlich - hat es naturgemäß schwerer im Stück.

Doch der Autor lässt auch ihm Gerechtigkeit widerfahren und führt vor, wie besorgt und im Kern gefühlvoll sich der alte Moslem um seine Familie kümmert. So ist Akhtars „Clash Of Cultures“-Komödie am Ende als Plädoyer für Liebe und Toleranz zu verstehen. Haltungen, die den Glauben an den einen Gott vor dogmatischer, zu Ausgrenzung und Hass führender Verengung zu schützen vermögen.