Aus für Bonns Festspielhaus

Die Stadt kippt ihr größtes Prestigeobjekt trotz millionenschwerer Unterstützung.

Bonn. Das neue Beethoven-Festspielhaus in Bonn sollte eine internationale Attraktion werden: Ein spektakuläres Konzerthaus am Rheinufer. Nach jahrelanger Planung ist der Prestigebau in der Geburtsstadt des Komponisten Ludwig van Beethoven (1770 bis 1827) nun abgesagt. Noch vor dem ersten Spatenstich warfen die Stadt sowie die drei Bonner Konzerne und bisherige Bauherren Telekom, Post und Postbank alles über den Haufen und entschieden, das Projekt "vorerst nicht weiter zu verfolgen".

Die Stadt verwies auf ihre klamme kommunale Haushaltslage. Jedoch geht den Stadtvätern eine große Chance verloren: Telekom, Post und Postbank wollten den gesamten Bau mit rund 75 Millionen Euro finanzieren. Der Bund hatte bereits 39 Millionen Euro für die Betreiberstiftung zugesagt.

Die Düsseldorfer Landesregierung bedauerte das vorläufige Aus für das Projekt. Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff sagte: "Gerade in Zeiten der Krise braucht eine Stadt wie Bonn auch Visionen." Die frühere Post-Managerin Monika Wulf-Mathies hat als Vorsitzende des Vereins Festspielhaus-Freunde gerade erst ein Büro eröffnet. Sie reagierte geschockt: "Wir können nicht verstehen, dass die Stadt diese einmalige Chance nicht ergreift. Die Stadt hat nicht verstanden, dass es nicht um ein kommunales Projekt, sondern um eine nationale Sache geht."

Dabei schien zunächst alles auf gutem Weg. Architekten von Weltruf rissen sich um den Auftrag. Zwei Entwürfe für spektakuläre Schmuckstücke kamen in die Endauswahl: Der "Diamant" der Stararchitektin Zaha Hadid (London) sowie die "Wellen" von Hermann & Valentiny (Luxemburg). Doch der Widerstand wuchs. Von der Telekom wurden Bedenken wegen ungeklärter Finanzen signalisiert. In der Stadt wurde diskutiert, ob für das neue Haus tatsächlich die 50 Jahre alte, denkmalgeschützte Beethovenhalle abgerissen werden sollte. Musikexperten waren sich allerdings einig, dass die Akustik der Halle Spitzenmusikern nicht mehr gerecht wird.

Jürgen Nimptsch (SPD), seit Herbst 2009 Oberbürgermeister, wollte zu dem Großprojekt plötzlich die Bürger befragen - die Entscheidung also verlagern. Bei den Unternehmen stieß dieser Vorstoß auf Unverständnis. "Damit macht er das ganze Projekt kaputt", hieß es hinter vorgehaltener Hand. Die Baukosten sollten nach neuen Schätzungen nun bei rund 100 Millionen Euro liegen. Die zusätzlichen Kosten für die Stadt durch ein neue Halle werden auf mehrere Millionen Euro beziffert, ohne den eventuellen Abriss der alten Halle.

Nach dem Willen von Nimptsch soll nun erst einmal ein neues Kultur-Gesamtkonzept entwickelt werden. Bei der Bundesregierung will die Stadt um "Verständnis" für ihre Position werben, damit sie auf die vom Bund zugesagten 39 Millionen Euro nicht verzichten muss.

Mit der Entscheidung fügt sich Bonn erneut einen schweren Imageschaden zu nach den Millionenverlusten beim Kongresszentrum WCCB. Hier saßen die Stadtoberen - damals unter Nimptsch-Vorgängerin Bärbel Dieckmann (SPD) - ausländischen Finanzbetrügern auf.