Der Tod brüllt: „Jedermann!“
In Salzburg steht Hofmannsthals „Vom Sterben des reichen Mannes“ im Mittelpunkt.
Salzburg. Es wird wieder markerschütternd "Jedermann!!!" über den Domplatz gellen, und der wird, Reichtum hin, Reichtum her, denn auch erzittern - ebenso wie das Publikum. Vor allem, wenn ihm Ben Becker als Tod gegenübertritt, mit Totenbleich-Schminke, im Sterbelaken, ohne Haare, halbnackt in verlotterter Lederjacke und mit stierendem Blick. Dafür sorgen eisblaue, geschlitzte Kontaktlinsen in den rot geränderten Augen.
Ab Samstag ist Salzburg wieder für fünf Wochen die weltweite Festspielstadt - auch wenn sie immer mehr Kritiker hat. Wie den Ex-Schauspielchef Martin Kusej, der ihr den Weg "in ein ästhetisches Nichts" bescheinigt, oder Ex-Intendant Gerard Mortier, der über den Spielen den Todesengel herabschweben sieht. Auch die Festspiele unterliegen offenbar dem diesjährigen Motto, dem "Spiel der Mächtigen".
Doch wie auch immer, seit 1920 hat Hugo von Hofmannsthals grandioses Versdrama "Vom Sterben des reichen Mannes" unumstößlich auf dem Domplatz schaurige Premiere, und gelegentlich kann es da schon durch die Knochen fahren. Ein letztes Mal dabei ist Peter Simonischek als Jedermann, der acht Jahre, so lange wie kein anderer vor ihm, diese Rolle zu verkörpern verstand. Für Schauspieler Ben Becker, auch sonst ein eher grobschlächtiger und derb-herber, zur Not auch brutaler Typ, ist Hofmannsthals Rolle wie auf den Leib geschrieben, ist er doch selber nach einem Drogen-Exzess 2007 dem Tod nur knapp entronnen. Er tritt damit auch in die Fußstapfen seines Ziehvaters Otto Sander, der 2000 und 2001 als Tod auf den Stufen des Salzburger Domes gestanden hatte.
Regisseur Christof Loy, gern gesehener Gast an der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf/Duisburg, steuert im Salzburger Großen Festspielhaus eine schon vor der festlichen Auftakt-Premiere sagenumwobene Oper bei, "Theodora" von Georg Friedrich Händel, eher ein Opern-Oratorium, das bereits vom Publikum zu Händels Lebzeiten unterschätzt wurde. Es geht um Liebe, Glauben und Märtyrer, und es spielt das Freiburger Barockorchester unter Ivor Bolton. Eine musikalische Delikatesse.