Deutsch-spanische Auto-Dramen im Doppelpack
Stuttgart (dpa) - „Wenn bei Daimler jemand hustet, dann ist die Stadt am nächsten Morgen krank“, urteilt die engagierte Stuttgarterin und merkt gar nicht, dass es niemanden auf der Bühne interessiert.
Denn die Sympathien hat die Umweltaktivistin aus Ostdeutschland auf ihrer Seite, die viel mehr den Ist-Zustand der Stadt zu verkörpern scheint.
Nach Sätzen wie „Und wird ein Auto nicht gebaut, ist das ein Glück. Und wird die Fabrik geschlossen, ist's ein Segen“ erhält die Protagonistin von „Das Gestell“ am Mittwoch bei der Uraufführung den meisten Applaus. Zusammen mit der katalanischen Produktion „Car Wash“ stand der Abend ganz im Zeichen des Autos.
Zwei Autostädte, ein Thema, eine Aufführung , das hatten sich das Schauspiel Stuttgart und das Teatre Romea aus Barcelona vorgenommen. Unter dem Motto „Menschen, Autos und das Öl“ hatten sich der deutsche Autor Soeren Voima und der Katalane Marc Rosich Menschen gewidmet, deren Leben von den Blechschleudern bestimmt werden. Inszeniert wurden die Stücke von einem Regisseur aus dem jeweils anderen Land. Das Publikum feierte die beiden Stücke mit viel Beifall.
„Das Gestell“ des katalanischen Regisseurs Josep Galindo sorgte beim Publikum auch für einige Lacher. Aussagen wie „Hat sie noch immer keinen Führerschein? Integrationsverweigerin!“ oder „Autofahren macht auch Spaß. Und, ja, es ist auch sehr bequem. Soll ich mich deshalb schämen?“ schienen viele schon gehört zu haben.
Dass die Beziehung des alternativen Pärchens Imme (Nadja Stübiger) und Torben (Christian Schmidt) an ihrem Leben in der Autostadt zerbricht, ist absehbar. Während sie weiter auf den Drahtesel als auf die Familienkutsche setzt, geht er ganz in seiner Arbeit bei Mercedes auf. Die Verwandlung ist auch optisch: Der Parka- wird zum Hemdenträger. Dennoch rennt er seinem Ziel hinterher. Sein Elektroauto erlebt während der Aufführung keinen Durchbruch mehr.
In „Car Wash“ bestimmt der große spanische Autobauer Seat das Leben von Ingrid (Carme Poll) und ihrem Vater Damián (Oriol Genís). Die Wirtschaftskrise hat sie den Arbeitsplatz gekostet, mit ihrer Abfindung wollen sie eine neue Existenz aufbauen. Bloß kommen sie nicht von den Autos los: Nun wollen sie mit einer Tankstelle ihr Brot verdienen. Die deutsche Regisseurin Annette Pullen lässt das Ensemble zwischen Kühlschränken und einer Waschbürste spielen. Das wird manchmal etwas polternd und unübersichtlich, hat aber Charme.
Wie das deutsche Stück ist das spanische eines, das aktuelle wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen aufnimmt, wie die Immobilienkrise und den Machismo der Autofans. Und es schafft die Verbindung nach Deutschland mit einem kleinen Symbol: dem Benzinfeuerzeug mit Mercedes-Stern.