Deutscher Kabarett-Preis zeigt Vielfalt des Genres
Nürnberg (dpa) - Klamauk und politische Satire, Gesellschaftskritik und philosophisch angehauchte Denkanstöße zwischen Liedern und Lyrik: Die aktuellen Träger des Deutschen Kabarett-Preises sprengen die Grenzen des herkömmlichen Kabarettbegriffs.
Ausschnitte aus ihren Programmen zeigten Rainald Grebe, Christine Prayon und Sebastian Krämer bei der Verleihung der mit insgesamt 12 000 Euro dotierten Auszeichnungen am Samstagabend in der ausverkauften Nürnberger Tafelhalle.
Ihnen ebenbürtig war Max Uthoff, der Förderpreisträger des Vorjahres, der seiner spitzen Zunge bei der Moderation durch den Abend freien Lauf ließ. Der politischste der vier Bühnenprofis holt gleich zu Beginn zu einem Rundumschlag aus: SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und seine nun 150 Jahre alte Partei bekommen ebenso ihr Fett weg wie die niedersächsische FDP und die CDU-Wähler: „Nur wir Deutschen wählen eine Physikerin, die keine Experimente macht. Wo soll denn da das Licht herkommen?!“
Uthoff setzt noch eins drauf: „Nur ein Volk, das in Angst lebt, lässt sich richtig gut regieren.“ Deshalb beharre auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) trotz der NSU-Mordserie darauf, dass die Linken viel gefährlicher seien als die Rechten. Den Neonazis werde schließlich nun mit einem Zentralregister der Garaus gemacht. „Ich sehe ihn schon vor mir, den stirnackigen Glatzkopf in Sachsen-Anhalt, der sagt: "Na gut, dann lass ich mir halt die Haare wieder wachsen und studier Gartenbautechnik"“, ätzt Uthoff, den viele Zuschauer zu ihrem Liebling des Abends erkoren.
Hauptpreisträger Rainald Grebe seziert lieber die Folgen des Erfolgs. „Ich bin oben“, singt er halb verwundert mit zunehmender Arroganz. Dicke Autos, Gratis-Einladungen, eine Putzfrau - alles Selbstverständlichkeiten im Fahrwasser von öffentlicher Bewunderung und einem dicken Konto. „Da hat die klassenlose Gesellschaft sehr gelacht!“
Doch der Promi-Status birgt auch Schattenseiten: Kilometerfressen auf der Autobahn, Aufwachen in einer unbekannten Stadt, keine Zeit für Freunde, Verlust der Bodenhaftung. Da stellt sich schon die Frage nach dem Sinn - und der Sinnlosigkeit, der Grebe mit einem Ausflug zu den Dadaisten Ausdruck verleiht. Seinen Eltern jedenfalls sei kein Vorwurf zu machen: Geprägt vom Bildungsbürgertum hätten sie alles getan, um ihn vom Berufsweg des Künstlers abzuhalten. „Schlags dir aus dem Kopf, unser Platz ist der Museumsshop.“
Christine Prayon setzt eher auf Humor und Komik - und auf blitzschnelles Rollenspiel. Binnen weniger Minuten wandelt sich die ausgebildete Schauspielerin vom Transvestiten zum Mann zur Frau zu Christine Prayon, stirbt, spricht als Nachrichtensprecher ihren eigenen Nachruf, wechselt von der Werbung zum Wetter und zur Kultur, haucht als Carla Bruni unbedarft einen Chanson ins Mikro, um kurz darauf im Badeanzug und mit getragener Stimme Mario Barth zu zitieren und dessen Proletensprache so zur Hochkultur zu adeln. Für „Die Diplom-Animatöse“ erhält Prayon den mit 4000 Euro dotierten Programmpreis.