Die afrikanische Resterampe
Stephanie Thierschs „Mitumba“ kritisiert die globale Altkleider-Mafia. Das Stück ist ab Donnerstag im Tanzhaus NRW zu sehen.
Köln/Düsseldorf. Überall Stangen mit Second-Hand-Kleidung, Wühltische, weiße Stoff-Schläuche als Ankleide-Kabinen, farbige Händler und feilschende Käufer — doch etwas stimmt hier nicht. Die aufgekratzte Geräuschkulisse kommt vom Band.
Und der charmante Mann aus Kenia, der eben noch ein blaues Shirt anpries, stößt etwas später ein Mädchen mit Zöpfen lieblos herum. In Stephanie Thierschs neuer Performance „Mitumba — ein Happening“ ist er Händler, Schmuggler und Macho. Das Setting ist ein afrikanischer Flohmarkt im Rautenstrauch-Joest-Museum.
Anliegen der Kölner Choreografin, Jahrgang 1970, spitzengefördert vom Land Nordrhein Westfalen, ist es, die Machenschaften im globalen Altkleider-Handel anzuprangern. „Mitumba“ ist das suhaelische Wort für Second-Hand-Klamotten, die in den Industriestaaten eingesammelt werden und über Zwischenhändler in den Entwicklungsländern landen.
Ein lukratives Geschäft, das der afrikanischen Textilwirtschaft den Boden entzieht. Thiersch inszeniert deshalb unbändige Lebensfreude im Wechsel mit Bedrohung. Zunächst sind es kleine tänzerische Aktionen, die sie mitten ins Getümmel hinein choreografiert.
Dann werden die Szenen immer einfallsreicher und dichter, Bühnenscheinwerfer gehen an, Schlagzeugrhythmen von einer Band verstärken die Dynamik des Tanzes. Aus dem Flohmarkt wird ein Catwalk mit schräger Modenschau und Auktion. Später überhäufen die Tänzer eine Farbige mit Kleidungsstücken, bis sie dasteht wie eine textile Statue: eine lebendige Resterampe.