Die Theaterwelt trauert: Helmuth Lohner ist tot
Wien (dpa) - Am Anfang seiner Karriere stand eher das Seichte: Operettenfilme wie das „Dreimäderlhaus“, die Komödie „Witwer mit fünf Töchtern“ oder eine Rolle an der Seite von Romy Schneider im rührseligen Spielfilm „Die schöne Lügnerin“.
Später waren Helmuth Lohner die Filmerfolge der 1950er Jahre wegen fehlenden künstlerischen Anspruchs fast peinlich. „Für einen Schauspieler misst sich Popularität daran, ob er ins Fernsehen kommt. Popularität wird leicht mit wirklichem Erfolg gleichgesetzt“, sagte er einst in einem Interview. Dank seines einfühlsamen Spiels schaffte Lohner jedoch den Sprung ins ernste Bühnenfach. Trotz schwerer Krankheit hatte er bis zuletzt weitere Pläne. Im Alter von 82 Jahren ist Lohner nun in der Nacht zum Dienstag gestorben.
Lohner galt er als einer der profiliertesten Charakterdarsteller seiner Generation. Sein Tod bedeute einen großen Verlust für das deutschsprachige Theater und großen Schmerz für alle, die ihn kennen und ihm nahestanden, sagte der Direktor des Wiener Theaters in der Josefstadt, Herbert Föttinger. Dieses Theater war praktisch Lohners Hausbühne. Dort war er nicht nur Schauspieler, sondern von 1997 bis 2006 auch künstlerischer Direktor. Dort wollte Lohner im Dezember wieder auftreten, im Arthur Schnitzler Einakter „Anatol“. Eher brüchige Charaktere waren Lohners Spezialität.
Die Kritiker lobten ihn als facettenreichen, disziplinierten und hochsensiblen Darsteller und „Menschengestalter“. Lohner feierte Erfolge in den großen Häusern wie in München, Berlin, Düsseldorf und Zürich. In den 1980er Jahren band er sich als Schauspieler fest an das Wiener Burgtheater. Dort war er unter anderem in der Titelrolle des „Prinzen von Homburg“ von Kleist zu sehen. Bei den Salzburger Festspielen spielte er jahrelang den „Jedermann“.
Lohner brillierte auch als „Hamlet“, „Faust“ und „Mephisto“. Neben dem tiefernsten Fach konnte der Opernfan, im Alltag ein bescheidener, eher leiser Mensch, mit seiner komödiantischen Ader die Zuschauer zum Lachen bringen. Ab den 1990er Jahren inszenierte Lohner als Regisseur auch Opern und Operetten. Zu seinen Auszeichnungen zählten die Kainz-Medaille (1980) und der Titel Österreichischer Kammerschauspieler (1993).
Mit seinem Geburtsjahr 1933 haderte Lohner gern. „Ich habe es meinen Eltern übelgenommen, dass sie im Jahr von Hitlers Machtergreifung noch ein Kind zeugten“, sagte er einmal. Als Sohn eines Schlossers in Wien geboren, machte Lohner nach der Schulzeit eine Grafiker-Ausbildung, holte abends das Abitur nach und nahm privaten Schauspielunterricht. Seine erste Rolle erhielt er am Stadttheater Baden als Chorsänger, schaffte dann den Sprung an das Theater in der Josefstadt in Wien. Dort zeigte er später als Intendant angesichts der Finanzkrise des Hauses wahres Engagement: Er stand an 200 Abenden selbst auf der Bühne, um Kosten zu sparen.
Nach mehreren gescheiterten Ehen - unter anderem mit der Schauspielerin Karin Baal - lebte der Mann, der gesellschaftlichen Rummel eher weniger liebte, mit der damaligen Chefin des Sacher-Hotels in Wien, Elisabeth Gürtler, zusammen. Sie heiratete er 2011. Über das Alter meinte Lohner: „Früher sagte man, da will ich wieder hin. Eines Tages ertappt man sich bei einem anderen Satz: Da will ich noch mal hin.“