Zwei Abschiede Eine Ära endet: Castorf und Peymann gehen

Berlin (dpa) - Nach einem Vierteljahrhundert hat sich Frank Castorf (65) als Intendant der Berliner Volksbühne verabschiedet. Am Samstagabend gab es nach der letzten Vorstellung unter Castorfs Leitung frenetischen Applaus des Publikums.

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Anschließend spielte eine Balkan-Brass-Band auf - und Castorf holte alle seine Schauspieler und Mitarbeiter auf die Bühne. Auch Stars wie Martin Wuttke, Milan Peschel und Henry Hübchen waren beim Abschied dabei. Danach wurde bei einem Straßenfest vor dem Theater am Rosa-Luxemburg-Platz weitergefeiert.

Am Sonntagabend soll es dann Abschiednehmen am Berliner Ensemble heißen. Claus Peymann (80) lud zur letzten Vorstellung seiner 18-jährigen Direktion ein. Unter dem Motto „Der Abschied“ sollte es ein Programm mit zahlreichen prominenten Schauspielern geben. Peymann wird von Oliver Reese abgelöst, der vom Schauspiel Frankfurt kommt.

Als letzte Volksbühnen-Vorstellung gab es die mehr als vierstündige Castorf-Inszenierung von Ibsens „Baumeister Solness“. Die ausverkaufte Vorstellung wurde per Video auch ins Foyer der Volksbühne übertragen. Castorf wird zur neuen Spielzeit von dem Belgier Chris Dercon abgelöst, der in der Berliner Kulturszene allerdings auf wenig Gegenliebe stößt. Die Volksbühnen-Mitarbeiter protestierten unter anderem mit einem offenen Brief gegen den Kulturmanager und Kunstexperten Dercon.

Am Freitag war bereits das Volksbühnen-Wahrzeichen auf dem Rasen vor dem Theater abmontiert worden. Die Skulptur in Form eines Rads wurde von den Volksbühnen-Fans am Samstagabend betrauert - die Stelle, wo das sogenannte Räuberrad stand, stilisierten sie mit Blumen und Kerze zum Grab. Das Rad wird das Volksbühnen-Ensemble zu letzten Gastspielen nach Avignon in Frankreich begleiten. Anschließend wird die Skulptur ein Jahr lang saniert und soll dann wohl wieder an den alten Standort zurückkehren.

Castorf dankte in seiner Abschiedsrede seinen Freunden und Feinden. Das legendäre Rad habe immer bedeutet: „Achtung, Volksbühne! Hier lauert Gefahr!“ Castorf wird als freier Regisseur weiterarbeiten. „Ich gehe jetzt als Brandstifter, als Vagabund durch die Welt“, sagte Castorf dem Stadtmagazin „tip“ zu seiner künstlerischen Zukunft. „Welcher Rentner kann das von sich sagen, dass er noch so viel Unfug anstiften kann. Das ist ein Riesenprivileg.“