Bad Hersfelder Festspiele Dieter Wedel zeigt Luther-Stück mit viel Prominenz

Bad Hersfeld (dpa) - Star-Regisseur Dieter Wedel (74) hat sich im dritten Jahr als Intendant der Bad Hersfelder Festspiele bei der Auswahl seines Theaterstücks an ein Schwergewicht der Geschichte herangewagt: Martin Luther - passend zum diesjährigen Jubiläum um 500 Jahre Reformation.

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Mit Blick auf den theologischen Urheber der Reformation sagte Wedel zu seiner Inszenierung bei dem renommierten Freilicht-Theaterfestival, es werde „ein großes Spektakel über eine der widersprüchlichsten Figuren der deutschen Geschichte“.

Die Eröffnungspremiere: Am Freitag zeigt der durch seine Fernseh-Mehrteiler („Der Schattenmann“, ZDF; „Der König von St. Pauli“, Sat.1) bekanntgewordene, preisgekrönte Filmemacher Wedel sein Bühnenstück mit dem Titel „Martin Luther - Der Anschlag“. Die mit Spannung erwartete Uraufführung beginnt um 21.00 Uhr in der Stiftsruine, in Europas größter romanischer Kirchenruine.

Wedel begründete seine mutige Wahl mit den Worten: „Vermutlich hat es einen Grund, warum es das große klassische Luther-Drama nicht gibt, warum beispielsweise Schiller zwar über Johanna von Orleans, Wallenstein oder Maria Stuart geschrieben hat, aber nicht über die bedeutendste Figur der Deutschen: Luther.“ Die Figur Luthers sei nicht einfach zu greifen und zu beschreiben.

Wedel erklärte, er wolle keinen historischen Bilderbogen präsentieren und das Leben Luthers (1483-1546) nacherzählen. Ihn fasziniere die widersprüchliche Figur. Einerseits sei er ein „sprachgewaltiger Übersetzer“ gewesen, andererseits ein „unflätiger Pöbler“. „Widersprüchlichkeit macht bekanntlich einen Charakter interessant, aber bei Luther sind die Widersprüche so gewaltig, so scheinbar unvereinbar, dass man den Eindruck hat, immer wieder verschiedenen Luthers zu begegnen.“

Der vierfache Luther: Wedel besetzte die Hauptrolle des Martin Luther gleich mit vier Akteuren. Damit soll Luther nicht nur in verschiedenen Lebensphasen, sondern auch mit verschiedenen Charaktereigenschaften dargestellt werden. Christian Nickel, im Vorjahr Träger des Großen Hersfeldpreises für seine Hauptrolle in „Hexenjagd“, verkörpert dabei Luther als Reformator.

Burgschauspieler Paulus Manker gibt den Luther als „Wutbürger“. Da er auch Luthers Vater spielt, ist Manker in einer Doppelrolle zu sehen. Maximilian Pulst vom Staatstheater Wiesbaden gibt den überheblichen, jungen Luther und Janina Stopper spielt den zweifelnden Luther.

Die weiteren Stars des Stücks:Regisseur Wedel hat wieder einige aus Film- und Fernsehen bekannte Schauspieler verpflichtet. Auf der Bühne stehen unter anderem Elisabeth Lanz („Tierärztin Dr. Mertens“, ARD) als Luthers Frau Katharina von Bora, Erol Sander („Mordkommission Istanbul“, ARD) als Luthers Widersacher in der Gestalt von Papst Leo X. und Claude Oliver Rudolph („Der König von St. Pauli“, Sat.1) als Inquisitor und Ablassverkäufer Johann Tetzel.

Vor 20 Jahren arbeiteten Wedel und Rudolph zuletzt beim TV-Mehrteiler „Der König von St. Pauli“ zusammen. Der alte Streit sei beigelegt: „Da sind wir wie Indianer-Häuptlinge, die ihren Tomahawk begraben“, sagte Rudolph, der oft das Raubein verkörpert. Er freut sich auf das Wiedersehen: „Die großen Regisseure sind tot. Er ist der letzte Dinosaurier.“

Die technischen Innovationen: Wedel hat für das Theaterstück wieder Filmsequenzen gedreht. Sie werden erstmals auf gleich zwei LED-Leinwänden auf der Bühne gezeigt. In den Einspielern sind Mareile Höppner („Brisant“, ARD) und „Tagesschau“-Sprecher Jan Hofer zu sehen. Der Tribünen-Aufbau sei nochmals verbessert worden und biete mehr Komfort und besseren Zugang zu den rund 1200 Plätzen.

Der rote Teppich: Zur Eröffnung wird viel Prominenz erwartet. Als Gäste auf dem roten Teppich vor der Stiftsruine sind unter anderem Persönlichkeiten aus der Politik, dem Schauspiel- und Medienwesen angekündigt. Frans Timmermans (Erster Vizepräsident der EU-Kommission), Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und die Schauspieler Sky du Mont, Martin Semmelrogge, Markus Majowski, Helen Schneider, Susanne Uhlen, Peter Weck und Samuel Koch werden erwartet. Eingeladen sind auch Donatus Landgraf von Hessen, Prinzessin Floria von Hessen, der frühere Box-Weltmeister Henry Maske, Dirigent Justus Frantz, sowie bekannte Moderatoren und Medienschaffende.

Der Festakt: Zur Eröffnung (18.30 Uhr) reden unter anderem Frans Timmermans, Ministerpräsident Bouffier und Festspielmacher Wedel. Zuvor gibt's Straßentheater-Einlagen rund um die Stiftsruine.

Das weitere Programm: Wegen des großen Erfolges wird Wedels Schauspiel aus dem Vorjahr wieder aufgenommen. Im Drama „Hexenjagd“ treten neben Nickel und Lanz auch Richy Müller, Horst Janson, André Hennicke und Jasmin Tabatabei (in Filmeinspielern) auf. Neu im Programm ist die Krimikomödie „Die 39 Stufen“. Markus Majowski und Martin Semmelrogge spielen auf der Nebenbühne von Schloss Eichhof.

Die Musicals: Das neue Musical in dieser Saison heißt „Titanic“. Der Mythos um den 1912 gesunkenen Ozean-Riesen ist nach Ansicht von Regisseur Stefan Huber prädestiniert für die Freiluft-Spielstätte in der imposanten Kirchenruine. „Das Musical Titanic ist in vielen Belangen monumental und raumgreifend und passt somit perfekt in die Stiftsruine, die ja ihrerseits ein Monument ist: das Schiff im Kirchen-Schiff sozusagen“, sagte Huber. Wiederaufgenommen wird der Vorjahres-Kassenschlager „My Fair Lady“ mit Ex-No-Angels-Sängerin Sandy Mölling, Gunther Emmerlich und Ilja Richter.

Die Finanzen: Für die 67. Saison wird mit einem Rekord-Etat in Höhe von 7,87 Millionen Euro gerechnet - dank erhöhter Bundeszuschüsse für das Luther-Stück. Im Vorjahr lag der Etat bei 7,4 Millionen Euro. 2016 vermeldete die Festspielleitung mit fast 97 000 Besuchern die beste Besucher-Bilanz der vergangenen zehn Jahre. In diesem Jahr wird die Marke von 100 000 Besuchern angepeilt.