Rückkehr Sasha Waltz mit Tanzstück zurück in Berlin
Berlin (dpa) - Es war nicht immer leicht zwischen Sasha Waltz und Berlin. Die international gefeierte Choreographin hatte in der Stadt ihre ersten großen Erfolge. Dann fühlte sie sich von der Berliner Kulturpolitik stiefmütterlich behandelt und drohte, mit ihrer Compagnie „Sasha Waltz & Guests“ wegzuziehen.
Doch diese Zeiten sind vorbei.
Nicht nur, dass Waltz ab 2019 Ko-Intendantin des Staatsballetts Berlin wird, zusammen mit dem Schweden Johannes Öhman. Am 9. Juni bringt sie eine Neuproduktion für das Tanztheater auf die Bühne - die erste in Berlin nach zwölf Jahren.
Waltz (54) spricht von einem „lang erkämpften Projekt“. „Kreatur“ gestaltet sie zusammen mit der niederländischen Modedesignerin Iris van Herpen. Premiere im ehemaligen Pumpwerk Radialsystem ist am 9. Juni, die ersten Vorstellungen waren sofort ausverkauft.
Waltz' letzte Produktionen für das Tanztheater in Berlin datieren aus dem vergangenen Jahrzehnt. Mit „Körper“ (2003) und „Gezeiten“ (2005) sorgte sie damals an der Berliner Schaubühne für Furore. Danach widmete sie sich vor allem der Opernchoreographie, die Premieren waren in Amsterdam, Brüssel oder Paris - nicht in Berlin.
2014 hatten Waltz und Jochen Sandig, ihr Ehemann und Mitstreiter, im Streit das feste Tanzensemble aufgelöst. Das Land hatte der Compagnie damals mehr Fördergelder verweigert, Waltz drohte gar mit Weggang. Doch seitdem hat sich die Lage wieder stabilisiert. Berlin hat die Subventionen erhöht. Zwar gibt es kein festes Ensemble mehr. Doch mit 2,3 Millionen Euro Unterstützung (bei einem Etat von vier Millionen Euro) kann die Compagnie langfristig wieder planen und mehr Vorstellungen anbieten.
Sie wolle ihren künstlerischen Freiraum zurückgewinnen, den sie in der Oper wegen der komplizierten Abläufe nur bedingt habe, sagt Waltz. „Bei Eigenproduktionen kann ich die kreative Phase viel früher beeinflussen.“ In ihrem neuen Stück „Kreatur“ lasse sie 14 Tänzer und Tänzerinnen Fragen von Macht und Ohnmacht in einer zerrissenen Gesellschaft nachgehen. Waltz spricht von einer Gratwanderung zwischen „Erzählerischem“ und „Abstraktem“.
Die Niederländerin Van Herpen hat dafür Kostüme entworfen, die wie Skulpturen aussehen, etwa ein Korsett, auf dem Stangen von Regenschirmen wie Stacheln hervorstehen, oder ein aus Stahlfäden geformtes Kleid, das an eine Wolke erinnert. Für die Beleuchtung ist Urs Schönebaum zuständig, der unter anderem für die Regisseure Robert Wilson und Michael Haneke arbeitete, die Musik steuert das zwischen Berlin und New York pendelnde Soundwalk Collective.
Das Stück habe eine „düstere Grundhaltung“, sagt Waltz. Zur Vorbereitung habe sie mit den Tänzern das frühere Stasi-Gefängnis in Berlin-Hohenschönhausen besucht. In den Berichten früherer Insassen sei die Ohnmacht der Gefangenschaft auch körperlich spürbar geworden. Diese Berichte sollen in verfremdeter Form auch in das neue Stück einfließen.