Lehrstück über Geld und Ehre
Ex-Museumschef Jean-Hubert Martin attackiert den Kulturpartner Eon und bringt sich selbst ins Zwielicht.
Düsseldorf. Wer mit einem goldenen Handschlag verabschiedet wird, hält normalerweise den Mund. In der Wirtschaft ist dies selbstverständlich. Jean-Hubert Martin, Ex-Generaldirektor des Museum Kunst Palast, redet und beschädigt dabei das beispielhafte Modell einer Public Private Partnerschaft mit dem Stifter und Sponsor Eon.
Zum 30. September 2006 wurde Martins Vertragsverhältnis "einvernehmlich" beendet. Er erhielt nach Auskunft von Eon vier Jahresgehälter und schwieg bis zum Tode von Oberbürgermeister Joachim Erwin, dem Vorsitzenden des Kuratoriums. Erwin war sein stärkster Widersacher, seit das Konzept "globaler" Kunst an den Besuchern abprallte.
Martin wirft im Magazin "Kunstforum" dem Geldgeber Eon vor, er habe sich in die Belange des Museums eingemischt und nicht die vertraglich zugesicherte künstlerische Freiheit garantiert. Kulturdezernent Hans-Georg Lohe widerspricht: "Der Generaldirektor verfügt über die ausschließliche künstlerische Freiheit über die Projekte, das ist in der Satzung der Stiftung festgehalten. Es galt für Jean Hubert Martin und es gilt jetzt für den Nachfolger Beat Wismer. Das Kuratorium nimmt das Ausstellungsprogramm zur Kenntnis. Die Stifter haben aber die Chance zu sagen, wir geben Geld für ein Projekt oder wir geben es nicht."
Zum Nachkarren Martins sagt Lohe: "Es wirft ein erstaunliches Licht auf seinen Charakter. Vielleicht möchte er das Geld zurückzahlen?" Die Vorwürfe seiner bisherigen Arbeitgeber sind massiv. Sie gipfeln darin, Martin sei eine Mischung aus "Arroganz und Erfolglosigkeit". Er habe massive Fehler gemacht, nicht nur im Umgang mit Geldgebern, sondern auch im eigenen Haus. In der Tat wurden seine Ressourcen nicht immer genutzt. Statt den hauseigenen Zero-Experten Stephan von Wiese für die Zero-Schau einzuschalten, bezahlte Martin auswärtige Kuratoren und ließ von Wiese eine Zero-Retrospektive in Siena durchführen. Auch die Abteilungsleiterin Bettina Baumgärtel blieb jahrelang fast unbeschäftigt.
Martin wurde fast wie ein Staatssekretär bezahlt. Sein Haus erhält jährlich rund 5,6Millionen Euro von der Landeshauptstadt und 1,1 Millionen Euro von Eon als "Grundförderung". Hinzu kamen in den ersten sechs Jahren eine Projektförderung von jährlich 1,5 Millionen Euro und Werbekampagnen von einer Million Euro. Dann stellte Eon die Zahlung um. Es förderte "Bonjour Russland" selbst, trug alle Kosten und rechnete selbst ab.
Im Vergleich zu derartigen Summen waren die Besucherzahlen, die 2003 bei 170000 lagen, eher mäßig. Dali und Miro lockten jeweils rund 125000 Gäste. Der Vorwurf der Geldgeber galt nicht dem mutigen Konzept, sondern der Einseitigkeit. In Düsseldorf liebt man die Avantgarde. Martin hätte sie durch zusätzliche Ausstellungen fördern können, wie es Beat Wismer tut. Kulturdezernent Lohe: "Wismer ist viel schneller in Düsseldorf angekommen, als Martin es jemals war. Er geht auf Künstler, Galeristen, Nachbarn und Sponsoren zu. Martin war zu häufig auf Reisen." Selbst Staatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff riet Martin, sich mehr um Düsseldorf zu kümmern. Martins externe Projekte galten u.a. der Biennale in Lyon, dem Austausch mit Turin und Ausstellungen in Mailand.
Martin wurde anfangs durch Eon-Chef Ulrich Hartmann und Kulturdezernent Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff gedeckt. Als Wulf Bernotat Hartmann ablöste und Grosse-Brockhoff in die Landesregierung ging, gab es ein Vakuum von sechs Monaten. Dies nutzte OB Joachim Erwin und machte den Eon-Kultursprecher Achim Middelschulte zur Speerspitze, er übergab Martins schärfstem Kritiker den Vorsitz im Arbeitsausschuss, der alle Entschlüsse vorbereitet. Unterdessen leitet der Kulturdezernent die Sitzungen.
Ende 2009 läuft der Vertrag zwischen der Stadt und Eon aus. Eon zahlt weiterhin 1,1 Millionen Euro als Grundförderung und unterstützt 2008 zwei Ausstellungen. Die Grundförderung wird nach 2009 für weitere fünf Jahre beibehalten. Die "Ehe" bleibt bestehen.
Aber der Geldgeber hat aus dem Debakel gelernt und stellt bei der Projekt-Förderung keinen Blanko-Scheck mehr aus. Der Museumschef muss mit dem Geldgeber kommunizieren. Eon-Pressesprecher Peter Blau: "Es ist nicht so, dass Eon und das Museum auseinander gehen. Aber wir haben gelernt, behutsamer mit Kunst umzugehen."