Rechtsextreme stören in Wien Aufführung von Jelinek-Stück
Wien (dpa) - Etwa 30 bis 40 Rechtsextreme haben am Donnerstagabend in Wien eine Aufführung des Flüchtlings-Stücks „Die Schutzbefohlenen“ von Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek gestürmt.
Vor rund 700 Besuchern im Audimax der Universität Wien rannten die Mitglieder der sogenannten Identitären auf die Bühne, verspritzten Kunstblut und warfen Flugblätter mit dem Slogan „Multikulti tötet“ ins Publikum, berichtete die Polizei am Freitag. Es kam zu Rangeleien.
Das Stück wurde unter dem Motto „Schutzbefohlene performen Jelineks Schutzbefohlene“ von Flüchtlingen, Asylbewerbern und Schauspielern aufgeführt. Als die alarmierte Polizei eintraf, waren die rechten Störer bereits geflüchtet. Unter Polizeischutz wurde die Aufführung beendet. Bei der Fahndung konnten einige wenige Verdächtige angehalten werden. In acht Fällen werde Anzeige wegen Körperverletzung erstattet, sagte ein Polizeisprecher.
Der Verfassungsschutz in Österreich befasst sich seit 2012 mit den Identitären. Unter dem Deckmantel, das Land vor einer „Islamisierung“ und vor Massenzuwanderung schützen zu müssen, werde auf einer pseudo-intellektuellen Grundlage versucht, das eigene rassistisch-nationalistische Weltbild zu verschleiern, heißt es im Bericht von 2014. „Die Distanzierung vom Neonazismus in öffentlichen
Statements ist als taktisches Manöver zu werten, da sich in den
Reihen der Bewegungseliten amtsbekannte Neonazis befinden und Kontakte in andere rechtsextremistische Szenebereiche bestehen.“
Das Online-Magazin „Mokant“ berichtete von der Angst der Darsteller bei diesem Vorfall. „Wir haben uns nebenan in der Garderobe eingesperrt und gewartet. Als alles vorbei war, haben wir dann gemeinsam beschlossen: 'We are strong, let’s go!' Dann sind wir alle wieder auf die Bühne gegangen, um fertig zu spielen“, sagte eine der Darstellerinnen dem Magazin.
Österreichs Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) reagierte bestürzt. Die Störaktion sei schockierend und passe leider zu einer Reihe von Übergriffen dieser Gruppe, die zutiefst abzulehnen seien. „Hier kann und darf es kein Wegschauen, kein Akzeptieren und kein Verharmlosen geben“, betonte der Minister.