Regisseurin zerlegt das Leben

Bühne: Katie Mitchells „Die Wellen“ in Köln.

Köln. „Ich mache es real, indem ich es in Worte fasse“, sagt die Erzählerin auf der Bühne unter dem Schein der Schreibtischlampe, die Zigarette in der einen, das Buch in der anderen Hand. Im Roman „Die Wellen“ betrachtet Virginia Woolf das Leben als komplexes Zusammenspiel vieler Einzelteile: der selbsterforschenden, inneren Stimmen von sechs Jungen und Mädchen auf ihrem Weg ins Erwachsensein; der Vergänglichkeit eines Tages am Meer; der Art, wie sich Wellen ihren Weg zur Küste bahnen.

Die britische Regisseurin Katie Mitchell hebt diese durch Worte geschaffene Realität auf. Sie zerlegt das Leben im Kölner Schauspielhaus: in live gefilmte und projizierte Bilder, in von Schauspielern erzeugte Geräusche und in Romanpassagen, die vorgelesen werden. Es ist großartig, wie sie den Zuschauer damit fordert, den Verlauf der Geschichte zu erfassen, indem er alles im Kopf zur Einheit verschmelzen lässt. Zart und zerbrechlich erscheinen spielende Kinder, aufbrechende Jugendliche und trauernde Erwachsene. Und gleichzeitig erkennt man die Komplexität des Erschaffens. Ein Regiekonzept, das aufgeht, und eine bejubelte Ensembleleistung.