„Willkommen“ Sönke Wortmann inszeniert Flüchtlingskomödie

Düsseldorf (dpa) - Die Theaterautoren Lutz Hübner und Sarah Nemitz bilden gern das große Ganze im Alltäglichen ab. Zum Beispiel in einer WG. So war es am Samstag zu sehen, als der Filmregisseur Sönke Wortmann in Düsseldorf ihre Komödie „Willkommen“ zum Thema Flüchtlinge erstmals inszeniert hat.

Foto: dpa

Es ist eine von Hübners und Nemitz' gewohnt perfekten Dialogmaschinen, realistisch zum Leben erweckt vom Schauspielhaus-Ensemble unter Wortmanns Regie.

Darin ist Deutschland eine Wohngemeinschaft. Eine ganz gewöhnliche Düsseldorfer Fünfer-WG mit 200 Quadratmetern, Dachterrasse und Fahrstuhl in die Wohnung. An den Wänden hängt gefällige moderne Kunst, der lange Tisch steht voller Bierflaschen und Weingläser, es wird oft durch die Küchendurchreiche gesprochen.

Das Publikum ist Zeuge eines WG-Plenums nach dem monatlichen gemeinsamen Abendessen. Man bemüht sich sichtlich um Abgrenzung von den Spießern dieser Welt. Doch als der Uni-Dozent Ben ankündigt, für ein Jahr in die USA zu gehen, und vorschlägt, sein Zimmer für diese Zeit doch einfach Flüchtlingen zur Verfügung zu stellen, gibt es Streit.

Plötzlich steht der WG-Zusammenhalt auf dem Spiel, kommen Vorurteile und Berührungsängste zum Vorschein. Und als am Ende alle Positionen auf dem Tisch liegen, will keiner der Bewohner mehr diskutieren. Stattdessen wird Tischtennis gespielt. Das Einzige, worauf sich alle einigen können.

Das Stück ist ein Debattenbeitrag. Eine Keimzelle der deutschen Gesellschaft versucht, sich darüber zu verständigen, ob sie die Flüchtlinge ohne einen Fernsehbildschirm dazwischen in ihr Leben lassen will oder nicht. In Abwesenheit derer, über die gesprochen wird.

Dabei ist nichts einfach. Der Bankangestellte in Probezeit befürchtet eine laute und kinderreiche Familie, die WG-Älteste fühlt sich grundsätzlich in Gegenwart arabischer Männer nicht wohl. Später schleppt die schwangere WG-Jüngste einen türkischstämmigen Gelsenkirchener als Kindsvater und potenziellen Mitbewohner an, so dass die Frage dann lautet: Achmed oder Flüchtlinge?

„Ich glaube, die Einfachheit des anfänglichen Vorschlags ist eine vorgetäuschte“, sagt Autor Hübner nach der Uraufführung. In der Flüchtlingsdebatte in Deutschland habe die „Willkommenskultur“ bestimmte Fragestellungen zunächst verdeckt. Viele seien mittlerweile zu Tage getreten. Aber inzwischen sei die Debatte „so über Affekte bestimmt, dass man Lösungen gar nicht finden kann“.

Das Stück ist mit diesem Hintergrund nicht nur eine Komödie. Es will laut Hübner unter anderem „zeigen, wie viele unterschiedliche Standpunkte nicht nur in der Gruppe unterwegs sind, sondern auch in jedem Einzelnen.“ Das müsse man anerkennen. Texte und Dialogregie zielten denn auch darauf, „dass jede Person in dem Moment, wo sie spricht, recht hat“.

Die sechs Schauspieler transportieren das in einer bruchlosen Kollektivleistung, die Lacher auslöst, aber die Glaubwürdigkeit ihrer Figuren nicht für Pointen opfert. Nach der konzentrierten Stimmung im Saal und dem Schlussapplaus zu urteilen, kam diese Leistung beim Premieren-Publikum sehr gut an.