„The King's Speech“ in Hamburg gefeiert
Hamburg (dpa) - Zu „Gloria“-Gesängen ragen Männerfüße aus einer altmodischen Badewanne. Dann trocknen Diener den Nackten ab, kleiden ihn in Unterwäsche, Socken und glitzernde Paradeuniform.
„Ich sehe aus wie ein Weihnachtsbaum“, sagt der Mann, schaut dabei müde und unsicher aus. So beginnt am St.-Pauli-Theater in Hamburg „The King's Speech“, David Seidlers biografisches Drama aus dem Jahr 2005 über den britischen König George VI. (1895-1952), der in seine Rolle als Monarch erst noch hineinwachsen musste. Mit Hilfe des australischen Sprachtherapeuten Lionel Logue, denn George war Stotterer. Der Film von Tom Hooper mit Colin Firth als stotterndem König wurde 2011 zum vierfach Oscar-gekrönten Welterfolg.
Und auch bei der deutschen Uraufführung am Dienstagabend im Hamburger St.-Pauli-Theater gab es Beifallssalven vom Publikum. Selbst diejenigen, die das großartige Kinowerk kannten, fühlten sich nicht enttäuscht. Denn der Waliser Michael Bogdanov hat die sympathische Geschichte über Freundschaft und das Vermögen des Menschen, über sich selbst hinauszuwachsen, so warmherzig wie stilvoll in Szene gesetzt. Mit exzellenten Hauptdarstellern: Marcus Bluhm verleiht dem Monarchen punktgenau das richtige Air aus charakterlicher Noblesse und leidvoller seelischer Schwäche. Und Boris Aljinovic fasziniert als dessen schnodderig-unkonventioneller, aber sehr effektiver Lehrer Logue.
Der lebensklug-humorvolle verbale Schlagabtausch zwischen den beiden ungleichen Männern, die auch im wahren Dasein befreundet gewesen sein sollen, steht im Mittelpunkt des Abends. In anmutigen Kleidern der Zeit (Bühne und Kostüme Sean Cowley) setzen aber etwa auch Susanne Schäfer als Queen Elizabeth und Anne Weber als Mrs. Logue beziehungsweise Mrs. Simpson wichtige Akzente. Schließlich spielt die Story in dramatischer Zeit: Wegen seiner Liebe zur zweifach geschiedenen Amerikanerin Wallis Simpson dankt Edward VIII. 1936 ab, nur wider Willen wird sein Bruder König.
Bereits vor Jahrzehnten hatte der britisch-amerikanische Drehbuchautor Seidler mit den Arbeiten an dem Bühnenstück begonnen. Bei einem Kontakt mit „Queen Mum“, der Witwe Georges, bat diese ihn 1982, es erst nach ihrem Tod zu veröffentlichen - zu schmerzlich seien für sie die Erinnerungen. Erst nach Hoopers Film wurde das Drama in diesem Frühjahr in London uraufgeführt - bei hervorragenden Kritiken, aber mäßiger Zuschauerresonanz. Im September folgte die sehr erfolgreiche deutschsprachige Erstaufführung in Wien.