Festspiele: Salzburgs Publikum lässt selbst Heilige durchfallen
Michael Thalheimer wird für seine „Johanna von Orléans“ ausgebuht. Ovationen gab es aber für Matthias Hartmanns Arbeit.
Salzburg. Sven Eric Bechtholf als Schauspielchef ist vermutlich das einzige, das von Alexander Pereiras dreijähriger Festspielleitung übrigbleibt. Der renommierte Schauspieler, der ab 2015 erst einmal die Gesamt-Festspiele leiten soll, zeigt eine glückliche Hand in Sachen Theater. Zumindest engagierte er mit Michael Thalheimer (48) und Matthias Hartmann (50) für die ersten Premieren zwei Regiegrößen deutschsprachigen Theaters.
Thalheimer, Hausregisseur des Deutschen Theaters Berlin, macht mit Schillers „Johanna von Orléans“ das, was er am besten kann: Er verknappt das Stück auf zwei pausenlose Stunden, reduziert die Handlung auf das Notwendige, skelettiert die Hauptfiguren und seziert Schillers Sprache. Konzentriert, aber auch ermüdend wirken noch so brillant deklamierte Schiller-Texte. Die Folge: Neben Jubel für Titelheldin Kathleen Morgeneyer (deren Karriere am Düsseldorfer Schauspielhaus begann) donnerten Buhrufe für die Regie.
Ovationen gab’s für Matthias Hartmanns Inszenierung von Nestroys „Lumpazivagabundus“, der den Kampf zwischen dem bösen Lumpazi und der Glücksgöttin Fortuna als pralle Komödie mit garstigen Couplets in Szene setzt. Schrille Show, Weltschmerz und wunderbarer Wiener Schmäh. Unterhaltung, mit der Hartmann die Nähe zum Zirkus und zu schrillen Musicals sucht. Das könnte zum neuen Festival-Trend werden.