Klaus Hoffmann begeistert in der Düsseldorfer Tonhalle Plauderer, Sänger, Menschenfänger
DÜSSELDORF · Er ist Musiker, Liedermacher, Chansonnier und ein äußerst unterhaltsamer Geschichtenerzähler. Klaus Hoffmann wickelt bei seinem Konzert in der Düsseldorfer Tonhalle das Publikum ein. Bringt es zum Lachen, ach, zum Prusten und stimmt es dann wieder mit seinen Liedern melancholisch.
Anders als andere Musiker es halten, stellt Hoffmann als allererstes seine Bandmitglieder vor, die ihn teilweise schon seit Jahrzehnten durch die Konzertsäle begleiten und mit ihm seine 27 Studioalben und 17 Live-Alben produziert haben. Welch ein Repertoire, aus dem der Sänger da schöpfen kann – auch aus seinem jüngsten Album „Flügel“, das gut gemischt ist mit alten Liedern.
All die Songs, die er an diesem Abend singt, lassen sich nachhören. Wie sein „Ich hab’s gewusst“, „Wegen Dir“, „Wenn“, „Stille“, „König der Kinder“ oder das hymnische „Derselbe Mond wie über Berlin“. Und das von Hoffmann wunderbar interpretierte Herman-van-Veen-Stück „Ich lieb dich noch“. Für die Geschichten, die Plaudereien und die Art, wie Hoffmann sie vorträgt und sich dabei in die Herzen der Zuhörer quasselt, muss man schon in ein Konzert gehen.
Schon beim zweiten Stück hat er die Menschen für sich eingenommen. Da geht er von der Bühne ins Publikum, kollidiert dort fast mit einer zu spät angekommenen Zuschauerin, fragt sie: „Suchst du dein Zuhause?“ Weist ihr ihren Platz an. Geht weiter, streichelt einer Dame in der ersten Reihe die Wange und dem neben ihr sitzenden Kahlschädel die Glatze. Seinem eigenen Schlagzeuger, ebenfalls kahlköpfig, rät er, sich doch mal um seine Frisur zu kümmern.
Vor allem aber nimmt er sich selbst auf die Schippe, wenn er über den pfauenhaften Stolz seiner Jugend spricht: „Ich sah phantastisch aus, aus den Fenstern hingen sie, staunten: Da geht er, der Junge, der wird eine Karriere machen, mit seiner ausgewogenen Sexualität.“ Und: „Ich war so eine Mischung aus Yves Montand und Hildegard Knef.“ Da schweift er auch schon wieder ab, wie so oft an diesem Abend, kommt auf Yves Montand zu sprechen. Der sei mal in Cowboyklamotten aufgetreten, da habe ihm Edith Piaf gesagt, er solle das lassen, er singe doch nicht vor Rindern!
Früher, ja früher da hätten sich die Frauen, wenn das Konzert zu Ende war, vor den Bentley geschmissen. „Manche warfen uns Geld auf die Bühne, bitte setzen Sie gern die Tradition fort“, ruft er jetzt ins Publikum. „Oder sie bewarfen uns mit Dingen, mit denen wir nichts anfangen konnten: Unterwäsche, Winterreifen und so etwas.“ Und heute? „Ja, da sitzen wir Musiker in der Garderobe und reden über PSA-Werte und künstliche Darmausgänge.“ Und die Fernbedienung des Fernsehers malträtiere er so lange, bis der Nachbar klingelt, um sich zu beschweren, dass das Garagentor immer hoch- und runtergeht.
Wer sich so selbst verspottet und mit seinem Alter (73) kokettiert, der darf das auch mit Blick auf das mit ihm in die Jahre gekommenen Publikum tun, das er immer mal wieder zensiert: „Oh Gott, seid ihr schon eingenickt“? „Die linke Seite dämmert etwas. Sie auf der rechten Seite sehen einfach intelligenter aus.“ Oder gerichtet an eine einzelne Frau: „Sie schauen mich den ganzen Abend so an, ich weiß gar nicht, wo ich noch hingucken soll.“
Er erzählt die Geschichte seiner Jugend. Von der Mutter, die wie die Callas ausgesehen habe und immer die Schallplatten von Bata Illic gehört habe. „Eine Zeitlang habe ich gedacht, ich bin der Sohn von Bata Illic, aber das haut nicht hin, weil ich besser aussehe als er.“ Er erzählt von dem Vater, der Cognac brauchte, damit er mal lacht. Von dessen Tod und dass dann für ihn begann, was er „Siegen und Verlieren“ nennt – das Leben.
Ernstes wechselt sich ab mit hinreißend Komischem und wunderbarer Musik, die sich einordnen lässt zwischen Jazz, Latin, Pop und Chanson. Hoffmann ist ein großartiger Interpret der Lieder von Jacques Brel. Sein Album „Klaus Hoffmann singt Jacques Brel“ sei hier empfohlen. Von dem singt er an diesem Abend zwei Stücke: „Marieke“ und „Bitte geh nicht fort“. Das begeisterte Publikum lässt ihn und seine virtuosen Musiker an diesem Abend erst nach mehreren Zugaben und knapp zweieinhalb Stunden fortgehen.