Internationales Filmfestival Animationsfilm und #MeToo-Debatte: Berlinale beginnt
Berlin (dpa) - Es dürfte bei der Berlinale viel um die MeToo-Debatte gehen. Aber erst einmal geht es um den roten Teppich - und um Hunde.
Der Film „Isle of Dogs - Ataris Reise“, ein Animationsspektakel von Wes Anderson, ist ein launiger Auftakt für das Festival. Stars wie Tilda Swinton, Bill Murray und Greta Gerwig, Jeff Goldblum und Bryan Cranston sind darin zu hören - und sie sind auch am Donnerstag bei der Eröffnung in Berlin dabei.
Die große Frage: Wie zeigt sich die deutsche Prominenz in MeToo-Zeiten abends auf dem roten Teppich? Bei der Verleihung der Golden Globes in Hollywood waren die Stars wegen der Debatte um Machtmissbrauch und sexuelle Gewalt in Schwarz gekommen. Eine Online-Petition wollte für die Berlinale einen schwarzen Teppich durchsetzen - das hat nicht geklappt. Der Teppich bleibt rot.
Bei der Gala am Potsdamer Platz herrscht dann Berliner Freistil. Vielleich etwas mehr Schwarz und Hosen als sonst - die Spanne reicht von der hochgeschlitzten Robe bis zum Turnschuh. Heike Makatsch kommt im roten Hosenanzug, Iris Berben im schwarzen Ensemble mit Bein. Meret Becker zeigt Tattoos. Gesprächswert hat auch der Muff, den Jessica Schwarz vor sich her trägt.
Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) ist nicht absichtlich in Schwarz gekommen, aber extra in Hosen - „weil wir nicht nur über Männer in Bademänteln sprechen sollten, sondern auch über Frauen, die die Hosen anhaben“. Sie erwähnt dann in ihrer Rede auch die legendäre Hosenträgerin Marlene Dietrich.
Grütter zitiert die Aktion „Time's up!“ - die Zeit sei rum. „Wir rollen deshalb auch für MeToo den roten Teppich aus: für Frauen, die sich zur Wehr setzen gegen Machtmissbrauch hinter den Kulissen und für Männer, die Manns genug sind, für Gleichberechtigung einzustehen.“ Gala-Moderatorin Anke Engelke ruft von der Bühne: „Frauen und Männer zusammen in einem Raum - wir trauen uns was!“
Auch Schauspielerin Anna Brüggemann ist da. Sie wirbt mit der Aktion „Nobody's Doll“ für mehr Vielfalt und gegen die Zwänge des Schönheitsdiktats. „Wir sind Künstlerinnen und keine hübschen Puppen“, heißt es in ihrem Aufruf. Auf dem roten Teppich trägt sie wie angekündigt Turnschuhe - und passend dazu einen „Nobody's Doll“-Button. Der Schauspieler Franz Rogowski, der in gleich zwei Wettbewerbsfilmen dabei ist, sagt: „Von Gleichberechtigung sind wir noch sehr weit entfernt. Wir müssen das Machtmonopol der Männer knacken.“
Auch Festivaldirektor Dieter Kosslick setzt ein Zeichen: Sein Schal ist ausnahmsweise nicht rot, sondern schwarz. Die Berlinale wird einige Veranstaltungen zu MeToo im Programm haben. Für Kosslick ist es das vorletzte Mal als Festivalchef. Seine Amtszeit endet 2019. Die Debatte um seine Nachfolge hat heftigen Wirbel ausgelöst. Ob Kosslick sein berühmt-berüchtigter Humor vergangen ist, wird sich zeigen. Es ist aber unwahrscheinlich.
Mit „Isle of Dogs - Ataris Reise“ eröffnet erstmals ein Animationsfilm das Bären-Rennen. Gedreht wurde das Spektakel in sogenannter Stop-Motion-Technik - mit Puppen und in handgefertigten Standbildern. Die Geschichte handelt von dem 12-jährigen japanischen Jungen Atari. Als durch einen Regierungserlass alle Hunde der Stadt auf eine riesige Mülldeponie verbannt werden, macht er sich mit ihrer Hilfe auf die Suche nach seinem Hund Spot.
„Es ist eine Fantasie. Aber die Politik an dem von uns erfundenen Ort in Japan spiegelt durchaus Wirklichkeit“, so Wes Anderson. Für den Texaner ist es das vierte Mal, dass er im Berlinale-Wettbewerb dabei ist. 2014 hatte er mit dem Eröffnungsfilm „Grand Budapest Hotel“ den Großen Preis der Jury gewonnen. Die Jury, die am 24. Februar die Gewinner kürt, leitet diesmal der deutsche Regisseur Tom Tykwer. Er sagt: „Wir nehmen das Festival ernst. Aber wir möchten für uns auch ein Fest daraus machen.“
Diesmal gehen insgesamt 19 Filme ins Bären-Rennen, darunter vier deutsche. Emily Atef zeichnet in „3 Tage in Quiberon“ ein Porträt der späten Romy Schneider - mit Marie Bäumer in der Hauptrolle. Christian Petzold („Barbara“) verbindet in „Transit“ die Geschichte von Exilsuchenden in der NS-Zeit mit dem Flüchtlingsschicksal heute. Thomas Stubner hat mit „In den Gängen“ ein Außenseiterdrama gedreht. Philip Gröning schickt das Zwillingsdrama „Mein Bruder heißt Robert und ist ein Idiot“. Weitere Wettbewerbsfilme kommen etwa aus Russland, Frankreich, Rumänien und dem Iran.
Die Berlinale gilt mit jährlich mehr als 300.000 verkauften Tickets als das größte Publikumsfestival der Welt. Zu groß, finden Kritiker. Genau richtig, finden Kinofans, die sich über experimentelle Reihen wie das Forum, das kulinarische Kino oder das Kinderprogramm freuen.
Ob Serien wie „Bad Banks“ von Christian Schwochow oder eine Musik-Doku mit Ed Sheeran: über mangelnde Bandbreite kann man sich nicht beklagen. Den Kreischfaktor könnte bereits am Freitag beträchtlich sein. Dann läuft mit „Damsel“ ein Film mit „Twilight“-Star Robert Pattinson. Versprochen wird ein feministischer Western.