Berlinale-Leiter Kosslick: „Wadjda“-Regisseurin betritt mutig Neuland
Berlin (dpa) - In dem Film „Das Mädchen Wadjda“ kämpft ein junges Mädchen dafür, endlich ein eigenes Fahrrad zu bekommen. Ein Interview mit Berlinale-Direktor Dieter Kosslick - anlässlich des deutschen Kinostarts dieses ersten saudi-arabischen Spielfilms.
„Das Mädchen Wadjda“ ist der erste Langspielfilm aus Saudi-Arabien. Das Werk über ein junges Mädchen, dass unbedingt ein Fahrrad haben möchte und dafür gegen gesellschaftliche Konventionen kämpft, kommt diesen Donnerstag (5.9.) bei uns ins Kino. Im Interview erklärt Berlinale-Direktor Dieter Kosslick (65), was an der Arbeit von Regisseurin Haifaa Al Mansour so mutig ist und welche Rolle die digitale Revolution bei Veränderungen in der Filmwelt spielt.
Frage: Hollywood und europäische Filmstudios sind schon seit langem nicht mehr die einzigen, die große Kinofilme produzieren. Asien ist dabei längst eine feste Größe und auch kleinere Länder erobern mittlerweile den Filmmarkt. Nun gibt es mit „Das Mädchen Wadjda“ den ersten Langspielfilm aus Saudi-Arabien. Welche Bedeutung hat es Ihrer Ansicht nach, dass dieser Film jetzt bei uns in Kino kommt?
Antwort: Der Film informiert uns über gesellschaftliche Realitäten eines Landes, die den wenigsten im Westen in ihrem gesamten Ausmaß bekannt sind. Und zugleich zeigt „Das Mädchen Wadjda“, dass es dort auch eine junge Generation gibt, vor allem junge Frauen und Mädchen, die diese Konventionen hinterfragen und einen gesellschaftlichen Wandel einleiten können. Saudi-Arabien ist streng islamisch und die saudische Gesellschaft ist von strengster Geschlechtertrennung geprägt. Aus religiösen Gründen ist seit den 70er-Jahren sogar Kino verboten.
Die Regisseurin Haifaa Al Mansour betritt mutig Neuland in mehrfacher Hinsicht: Sie inszeniert als Frau einen Film - in einem Land, wo Frauen nicht mal Autofahren dürfen - und zeigt, wie sich eine Mutter und eine Tochter erfolgreich über tradierte Konventionen hinwegsetzen.
Frage: Wie wichtig ist bei dieser Entwicklung der technische Fortschritt? Immerhin können mittlerweile ja auch mit kleinen, preiswerten Handkameras Filme gedreht werden.
Antwort: Die digitale Revolution hat das Filmemachen erleichtert und radikal verändert. Kreativität kann sich nun auch ohne Riesenbudgets Ausdruck verschaffen. Wir sehen auch, welche große Rolle die Bilder und Filmaufnahmen von den politischen Brennpunkten für unsere Information spielen, aber auch für die Protestbewegungen. Auch dies ist erst durch kleinere und preiswertere Kameras möglich geworden.
Frage: Festivals wie die Berlinale haben Projekte, bei der junge Filmemacher aus der ganzen Welt gefördert werden. Wie wichtig sind solche unterstützenden Angebote?
Antwort: Initiativen wie der World Cinema Fund und der Talent Campus spielen immer wieder eine starke Rolle für die aktive Entfaltung des Festivals. Der World Cinema Fund unterstützt seit fast zehn Jahren künstlerisch und inhaltlich ambitionierte Projekte von meist jungen Regisseuren: Sehr schnell hat sich der WCF international etabliert, und genießt, nicht zuletzt wegen einer klaren Förderpolitik, die auf Innovation setzt, breite Anerkennung.
Weltweit anerkannt ist auch der Talent Campus, der während der Berlinale Hunderten von jungen leidenschaftlichen Filmschaffenden die Möglichkeit anbietet, dank der Zusammenarbeit mit bedeutenden Persönlichkeiten der Filmbranche, sich professionell weiter zu entwickeln und sich international zu vernetzen.