Bösewicht vom Dienst: 20. Todestag von Klaus Kinski
Berlin (dpa) - Exzentriker war er immer. In Filmen gab Klaus Kinski den Verbrecher oder Geistesgestörten, in Interviews verhielt er sich unberechenbar.
Und beim Dreh war er gefürchtet als Wüterich. „Und Du, leck mich doch am Arsch. Der Moment ist gekommen, wo ich Dir in die Fresse haue“, polterte Kinski am Filmset von „Fitzcarraldo“. „Ich bin nicht Euer Superstar. Du dumme Sau“, rief er von einer Berliner Bühne. Als Kinski vor 20 Jahren am 23. November 1991 starb, hinterließ der 65-Jährige ein Werk voller Spektakel.
„Mit seinem Tod haben wir eine große Kraft der Natur und des Kinos verloren“, schrieb der Filmemacher Werner Herzog nach Kinskis Tod. „Er war das einzige Genie, dem ich begegnet bin.“ Herzog feierte mit dem Künstler seine größten Erfolge, musste dessen Egomanie aber auch wie kein zweiter erdulden. Er nannte ihn „Weltwunder“ - und „die ultimative Pest“. Fünf große Filme rangen sich Kinski und Herzog gegenseitig ab: „Aguirre, der Zorn Gottes“ (1972), „Nosferatu“ (1978), „Woyzeck“ (1979), „Fitzcarraldo“ (1981) und „Cobra Verde“ (1987).
Bekanntgeworden war der Mann mit dem irren Blick wie aus der Stummfilmzeit und der metallischen Stimme als wilder Bösewicht in Edgar-Wallace-Verfilmungen. Bis zu seinem Tod wirkte er in mehr als 130 Filmen mit. Kinski selbst fand die meisten davon „zum Kotzen“. In Interviews betonte er immer wieder, den Beruf nur des Geldes wegen auszuüben. Auch Herzog hielt Kinski nicht für einen Schauspieler. Er habe den Beruf gehasst. „Doch es gab auf der Leinwand keinen, von dem eine solche Intensität und eine solche Präsenz auf uns herunterstrahlte.“
Erste Bühnenerfahrung sammelte Kinski, der am 18. Oktober 1926 als Klaus Günther Karl Nakszynski im heute polnischen Zoppot geboren wurde, nach dem Krieg in einem britischen Gefangenenlager. Mit Versen von François Villon und Arthur Rimbaud zog er in den 50er Jahren als Ein-Mann-Wanderbühne durchs Land - und wurde bald zum Star. Vor allem junges Publikum kam, um seine Rezitationen zu sehen: brüllend, weinend und sich verbal überschlagend stand er auf der Bühne.
Bis heute werde die Jugend von dem Darsteller mit der expressiven Mimik angesprochen, sagt Kinskis Nachlassverwalter Peter Geyer. „Kinski hat diese rebellische Qualität, die nach ihm niemand mehr in der Unterhaltungsindustrie geliefert hat.“ Kinski repräsentiere Freiheit in jeder Form. Millionenfach wurden Youtube-Videos von seinen öffentlichen Auftritten im Internet angeschaut.
Gefeiert wurde vor drei Jahren auch der Kinski-Dokumentarfilm „Jesus Christus Erlöser“. Zu sehen ist Kinski am 20. November 1971 auf einer Bühne in der Deutschlandhalle in Berlin, mit einer eigenen Interpretation des Neuen Testaments. Der Abend endete in wüstem Durcheinander und gegenseitigen Beschimpfungen von Publikum und Künstler. Rufe wie „Faschist“, „Psychopath“ und „Entschuldige dich!“ beantwortete Kinski mit Ausfällen wie „Scheiß Gesindel!“
Vier Ehen Kinskis scheiterten. In seiner Selbstbetrachtungsschrift „Ich bin so wild nach Deinem Erdbeermund“ schürt er sein Image eines Erotomanen. Sein Motto: „Sex ist überall“.
Seine drei Kinder traten in seine Fußstapfen, neben den Töchtern Pola (59) und Nastassja (50) auch Sohn Nikolai (35). Dieser ging mit den frühen Gedichten seines Vaters vor ein paar Jahren auf Deutschland-Tournee.
Sein letztes Werk war 1988 „Kinski Paganini„, der einzige Film unter seiner Regie, an dem er 30 Jahre lang gearbeitet hatte. Am 23. November starb Kinski an einem Herzinfarkt in seinem Haus in Kalifornien. In seinem Gedicht „Abschied“ schrieb er: „Ich richte mich auf - ganz steil - wie es Bäume tun, wenn sie wissen, dass es Zeit zum Sterben ist - ich muss weg von hier!!“